Regierungswechsel in Warschau:Die wichtigsten polnischen Politiker

Die Polen haben sich für den Regierungswechsel entschieden. Premier Jaroslaw Kaczynski musste eine eindeutige Niederlage einstecken - sein Zwillingsbruder Lech bleibt jedoch bis 2010 Staatspräsident. Neben den Kaczynski-Zwillingen spielen noch zahlreiche andere Männer eine wichtige Rolle in der polnischen Politik.

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Tusk, AP

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So sieht ein Sieger aus: Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform PO hat die vorgezogene Parlamentswahl unerwartet deutlich gewonnen. Die PO erhielt mehr als zehn Prozentpunkte mehr als die Kaczynski-Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS). Der bisherige Premier Jaroslaw Kaczynski gestand seine Niederlage ein - der 58-Jährige ...

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Kaczynski, AP

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... sagte: "Wir haben es nicht geschafft!". Jaroslaw Kaczynski verliert damit seinen Posten als Regierungschef.

Bei den letzten Parlamentswahlen im September 2005 war die PiS mit 27 Prozent zur stärksten Partei gewählt worden, wenige Wochen später wurde Jaroslaws jüngerer Zwillingsbruder Lech zum Präsidenten gewählt. Die Kaczynski-Brüder hatten der Korruption den Kampf angesagt und ein sozial gerechteres Polen versprochen - dies wurde mit dem Slogan der "Vierten Republik" verknüpft.

Im Juli 2006 übernahm Jaroslaw das Amt des Premierministers. Als seine Regierung im August 2007 zerbrach, lag die PiS in den Umfragen hinter der Bürgerplattform zurück, doch dem 58 Jahre alten Juristen Kaczynski gelang ein Comeback. Zwei Wochen vor der Abstimmung führte seine Partei wieder in den Umfragen - doch dann fand das TV-Duell ...

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tusk, Kaczynski, Reuters

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... mit seinem Herausforderer Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) statt. Alle großen Meinungsforschungsinstitute waren sich nach der Debatte einig, dass Tusk die Trendwende geschafft habe - die Wechselstimmung hielt bis zum Wahltag an, wie das Ergebnis belegt.

Im Vorfeld hatten Beobachter dem als blass geltenden Tusk kaum Chancen gegen den schlagfertigen Kaczynski gegeben. Der 50-Jährige glänzte jedoch mit witzigen Antworten und war gut vorbereitet. Das nationalkonservative Lager um die PiS versucht immer wieder den Eindruck zu erwecken, Tusk sei gar kein "richtiger Pole" - und zudem zu deutschfreundlich. Hintergrund ...

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tusk, AP

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... der Angriffe: Weder der Vorname Donald noch der Nachname Tusk sind polnisch. Tusks Vorfahren sind Kaschuben aus Danzig, die früher preußische Untertanen und später Bewohner der Freien Stadt Danzig waren. Jaroslaw Kaczysnski warf Tusk vor, "vom Deutschtum Danzigs fasziniert" zu sein; im Wahlkampf 2005 hob die PiS die Tatsache hervor, dass Tusks Großvater in der Wehrmacht kämpfen musste.

Der bekennende Katholik Tusk konterte diese Vorwürfe gelassen und warb damit, anders als die Zwillinge in der Außenpolitik künftig auf Kooperation zu setzen. Er sei nicht nur "prodeutsch", sondern auch "protschechisch", "proslowakisch" und "prorussisch".

Dass seine hübsche Tochter Katarzyna (im Bild links, gemeinsam mit Mutter Malgorzata) in einer Promi-Tanzshow für Furore sorgte, hat dem Image des Vaters sicher nicht geschadet. Auch das zweite Fernsehduell ...

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Kwasniewski, AFP

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... gegen den ehemaligen Präsidenten Aleksander Kwasniewski von der Partei der Linken und Demokraten (LiD) gewann Tusk klar. Tusk, der abgesehen von einem kurzen Zwischenspiel als stellvertretender Parlamentspräsident nie ein hohes Staatsamt innehatte, ließ dabei offen, mit welcher Partei er koalieren wolle. Auch die moderate Bauernpartei PSL, die als Tusks Wunschpartner gilt, schaffte locker den Sprung ins Parlament.

Der 52 Jahre alte Kwasniewski war zwischen 1995 und 2005 polnischer Präsident und hatte sich im Wahlkampf engagiert. Ihm wird vorgeworfen, in seiner Amtszeit zu wenig gegen Korruption getan zu haben. Seine Partei erhielt 12,6 Prozent.

Kwasniewski hatte im Wahlkampf für Schlagzeilen gesorgt, als er bei einem Auftritt in der Ukraine betrunken ans Rednerpult ging. Sein Kommentar: "Ich habe ein Gläschen zu viel getrunken, vielleicht auch zehn, aber das geht niemand etwas an". Auch in Polen trat er mindestens ein Mal angeheitert ans Mikrofon.

Für Aufsehen der anderen Art sorgte das Plakat der neuen Frauenpartei, auf dem ...

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... die Kandidatinnen nackt posieren. Manuela Gretkowska, die Chefin der Partia Kobiet (PK), ist eine bekannte Schriftstellerin. Auf dem Plakat ist zu lesen: "Die Frauenpartei - Polen ist eine Frau".

Gretkowska will die in der patriarchalischen Polit-Welt typischen Vorurteile brechen. 53 Prozent der Wähler seien weiblich, also sollten Frauen auch 53 Prozent der Mandate erhalten. Nicht mal fünf Prozent der Polinnen (und Polen) wählten für die neue Partei.

An der Fünfprozenthürde gescheitert ist auch ...

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Lepper, Reuters

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... der Bauernführer Andrzej Lepper, dessen rechtspopulistische Protestpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) bis zum Sommer mit Kaczynskis PiS koalierte. Fahnder der Antikorruptionsbehörde CBA wollten den damaligen Landwirtschaftsminister mit einer fingierten Schmiergeldübergabe diskreditieren, doch Lepper hatte einen Tipp bekommen. Es begann ein wochenlanger Machtkampf, der schließlich in der Auflösung des Sejms endete. 2005 erreicht die Protestpartei 11,4 Prozent.

Der 53 Jahre alte Lepper wird seit Jahren mit Sex-Skandalen sowie Korruptionsvorwürfen konfrontiert, die seine Glaubwürdigkeit auch bei seinen Anhängern - meist ältere, ärmere Menschen in ländlichen Gebieten - schwer belasten.

Nicht im neuen Sejm vertreten ...

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Giertych, AP

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... ist auch der ehemalige Bildungsminister Roman Giertych und seine nationalklerikale Liga Polnischer Familien. Der 36-Jährige sorgte zuletzt für Aufsehen, als er anregte, die Werke von Franz Kafka, Johann Wolfgang von Goethe, Witold Gombrowicz oder Fjodor Dostojewski von den Lektürelisten der polnischen Gymnasien zu streichen. Die Begründung: Diese Bücher seien "wertezersetzend".

Zudem fiel der 36-Jährige mehrmals mit homophoben und deutschfeindlichen Äußerungen auf. Im Sommer hatte ein LPR-Politiker einen "brutalen Wahlkampf" angekündigt, doch dieser blieb nach Einschätzung von Experten aus. Sogar die Kaczynskis ...

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... hatten Selbstironie gezeigt und kleine Enten aus Stoff verteilt. Hintergrund: Der Name der Kaczynski-Zwillinge leitet sich vom polnischen Wort für Ente, "kaczka", ab. Lech und Jaroslaw werden in Polen seit langem als "Erpel" bezeichnet - in der Satiresendung "Der polnische Zoo" sind sie jedoch durch Hamster dargestellt.

Es gibt jedoch auch einflussreiche polnische Männer, die im Hintergrund die Fäden ziehen und deren Namen am kommenden Sonntag auf keinem Wahlzettel standen. Dies gilt etwa für ...

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Rydzyk, AFP

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... den Redemptoristen-Pater Tadeusz Rydzyk, den Gründer des katholischen Senders Radio Maryja. In den letzten Wahlen hatte der Sender vor allem Werbung für die Liga Polnischer Familien gemacht. Da diese Partei erheblich geschwächt ist, unterstützt der Sender nun vor allem die Kaczynski-Partei. Der Soziologe Jaroslaw Zbieranek schätzt, dass etwa 1,5 Millionen Hörer von Radio Maryja zur Wahl gehen - und vor allem für die PiS votieren werden.

Zuletzt war Rydzyk wegen antijüdischer Äußerungen in die Kritik geraten - der Krakauer Kardinal und frühere Sekretär von Papst Johannes Paul II., Stanislaw Dziwisz, hatte vergeblich Rydzyks Absetzung gefordert. Nicht zur Wahl steht auch ...

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Lech Kaczynski, AFP

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... der polnische Präsident Lech Kaczynski (im Bild mit seiner Ehefrau Maria), der bis 2010 im Amt bleibt. Er hatte vor der Wahl Tusk gedroht, ihnen im Falle eines Wahlsiegs das Leben schwerzumachen. Sollte sein 45 Minuten älterer Bruder Jaroslaw abgewählt werden, werde es zu einer "schwierigen Kohabitation" kommen. Der Nationalkonservative sagte, er werde seine konstitutionellen Rechte wahrnehmen.

Zuletzt hatte sich beim EU-Gipfel in Brüssel gezeigt, welcher der beiden Zwillinge der mächtigere ist: Premierminister Jaroslaw saß in Warschau und bestimmte per Telefon, wie weit Präsident Lech gehen durfte.

Die neue Regierung unter Donald Tusk wird sich sicherlich ganz anders verhalten. Lechs Zwillingsbruder ...

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... Jaroslaw Kaczynski wird auch von der Oppositionsbank weiter versuchen, die Geschicke des Landes mitzubestimmen.

Mitentscheidend für den Regierungswechsel in Polen war die hohe Wahlbeteiligung von mehr als 55 Prozent - 2005 hatten lediglich 41 Prozent der Polen ihre Stimme abgegeben.

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