Regierungswechsel in Italien:Berlusconi warnt vor der "Diktatur der Mehrheit"

Drei Wochen nach den Parlamentswahlen hat Italiens Ministerpräsident Berlusconi seinen Rücktritt eingereicht. Vor seinem Abschied von der Macht kündigte er eine "totale Opposition nicht nur im Parlament" an.

Prodi erklärte, er hoffe, in den nächsten Tagen von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi den Auftrag zur Kabinettsbildung zu erhalten. "Unser Ziel ist es, am 4. oder 5. Mai bereit zu stehen".

Romana Prodi

Romano Prodi wird neuer Ministerpräsident Italiens

(Foto: Foto: AP)

Allerdings sei die Besetzung der meisten Ministerien in der künftigen Mitte-Links-Regierung noch offen, verlautete in Rom.

Zugleich brach heftiger Streit zwischen den Parteienlagern um die Mitte Mai anstehende Wahl des Staatspräsidenten aus. Wie das italienische Fernsehen am Montag berichtete, wollen die einflussreichen Linksdemokraten im Prodi-Lager ihren Vorsitzenden Massimo D'Alema durchsetzen.

Dagegen drohte Berlusconi indirekt mit dem Druck der Straße. Gegen eine solche "Diktatur der Mehrheit (...) wird es eine totale Opposition nicht nur im Parlament geben", kündigte Berlusconi an. Der frühere Kommunist D'Alema war von 1998 bis 2000 Ministerpräsident.

Wahl des Staatspräsidenten am 13. Mai

Bereits am Samstag waren die Kandidaten der Prodi-Allianz nach je drei gescheiterten Anläufen zu Präsidenten der beiden Parlamentskammern gewählt worden. Der Kommunistenführer Fausto Bertinotti wurde zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses gewählt, der ehemalige Gewerkschafter Franco Marini zum Senatspräsidenten.

Allerdings wurde die Abstimmung im Senat zuvor von schweren Tumulten um die korrekte Stimmenauszählung überschattet: Mehrmals mussten Auszählungen wiederholt werden, zeitweise drohte die Lage außer Kontrolle zu geraten.

Die schwierige Wahl verdeutlichte, dass Prodi nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügt. Italienische Kommentatoren sprachen von einem empfindlichen Dämpfer für Prodi. In einer dramatischen Nachtsitzung im Senat verfehlte die Prodi-Allianz zunächst drei Mal die absolute Mehrheit. Erst im vierten Anlauf am Samstag erhielt der 73-jährige Marini von der "Margherita"-Partei 165 Stimmen, drei mehr als notwendig. Sein Gegenkandidat war der langjährige Ministerpräsident Giulio Andreotti, der auf 156 Stimmen kam.

Führendes EZB-Mitglied soll Finanzminister werden

Im Abgeordnetenhaus errang Kommunistenchef Bertinotti ebenfalls erst im vierten Anlauf ohne Gegenkandidaten 337 Stimmen, bekam damit aber nicht alle 348 Stimmen des Mitte-Links-Lagers. Bertinotti ist Vorsitzender der Partei Rifondazione Comunista (Kommunistische Wiedergründung) und ein wichtiger Koalitionspartner Prodis. Bereits nach den Wahlen 1996 hatte Bertinotti die erste Regierung Prodi unterstützt, dann aber zwei Jahre später gestürzt.

Einzelheiten der Ministerliste Prodis wurden zunächst nicht bekannt. Als sicher gilt laut Zeitungsberichten lediglich, dass der Finanzexperte Padoa Schioppa aus der Führung der Europäischen Zentralbank neuer Wirtschaftsminister werden soll.

Die Wahl zum neuen Staatspräsident ist für den 13. Mai geplant. Die Linke dürfe nicht alle hohen Staatsämter mit ihren eigenen Leuten besetzen, heißt es im Mitte-Rechts-Bündnis. Wie verlautete, schlagen die Rechtsparteien den Sozialdemokraten und Ex-Regierungschef Giuliano Amato als Kompromisskandidaten vor. Das Staatsoberhaupt wird in Italien ähnlich wie in Deutschland von beiden Parlamentskammern sowie von weiteren Wahlmännern bestimmt. Der Präsident soll über den politischen Parteien stehen.

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