Regierungsumbildung in Großbritannien:EU-Kritiker wird britischer Außenminister

Lesezeit: 3 min

Philip Hammond (links), bislang britischer Verteidigungsminister, löst William Hague als Außenminister ab (Foto: dpa)

Der bisherige Verteidigungsminister Philip Hammond löst William Hague ab. Der Wechsel ist Teil einer groß angelegten Umbildung der Regierung von Premierminister David Cameron. Das Ziel: ein jüngeres, EU-kritischeres Team mit mehr Frauen.

  • Nach dem Rücktritt von William Hague wird der bisherige Verteidigungsminister und EU-Kritiker Philip Hammond neuer Außenminister.
  • Die Personalie gehört zu einer weitgehenden Umbildung der britischen Regierung durch Premier David Cameron.
  • Auch Kenneth Clarke vom EU-freundlichen Parteiflügel der Tories hat sein Ministeramt niedergelegt - damit werden die EU-Kritiker gestärkt.

Philip Hammond wird neuer Außenminister

Nach dem Rücktritt des britischen Außenministers William Hague hat Premier David Cameron Verteidigungsminister Philip Hammond zu dessen Nachfolger ernannt. Es ist bereits Hammonds dritter Kabinettsposten in den bisher vier Regierungsjahren der konservativ-liberaldemokratischen Koalition unter Premierminister David Cameron. Zuvor hatte der 58-Jährige das Verkehrsressort geleitet.

Hammond gilt wie Hague als politisch stramm konservativ. Seine Ernennung ist aber darüber hinaus ein starkes Signal an die Partner Großbritanniens in der Europäischen Union. Hammond ist EU-Kritiker. In der Vergangenheit erklärte er sogar, er sei für einen Austritt seines Landes aus der EU, sollte es Premierminister Cameron nicht gelingen, bessere Bedingungen für Großbritannien auszuhandeln.

William Hague bleibt in der Regierung

Hague hatte am Montagabend im Kurznachrichtendienst Twitter erklärt: "Heute Abend trete ich nach vier Jahren von meinem Amt des Außenministers zurück, um Vorsitzender des Unterhauses zu werden." Allerdings bleibt er Cameron als Mitglied der Regierung erhalten. Der "Leader of the House of Commons" hat Ministerstatus.

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Hague soll nun für die Konservative Partei vor den Parlamentswahlen im Mai 2015 in wichtigen Wahlkreisen Stimmung die Tories machen. Er kündigte allerdings an, dass er selbst nicht noch einmal kandidieren werde, schrieb er auf Twitter. Nach 26 Jahren als Abgeordneter werde es für ihn Zeit, sich anderen Dingen zu widmen.

Cameron beschrieb Hague als ein "führendes Licht" der konservativen Partei. "Er ist nicht nur ein erstklassiger Außenminister gewesen, sondern auch ein enger Vertrauter, ein kluger Berater und ein großartiger Freund", betonte Cameron. Hague hatte sich in den vier Jahren als Außenminister seit 2010 zuletzt vor allem für Frauenrechte in Kriegsgebieten eingesetzt.

Groß angelegte Kabinettsumbildung

Der Rücktritt Hagues - überraschend, aber offenbar freiwillig - und die Ernennung Hammonds fügt sich ein in eine weitgehende Umbildung des Kabinetts, die in den britischen Medien bereits als das "Aussortieren weißer Männer mittleren Alters" ( Daily Telegraph) oder die Ablösung "männlicher fader Minister" ( Financial Times) bezeichnet wird. 15 Minister und Mitglieder des Kabinetts haben ihre Posten inzwischen verloren. Der prominenteste unter ihnen ist Kenneth Clarke, Minister ohne Geschäftsbereich, der gestern zurückgetreten ist.

Ihre Jobs im Kabinett geben auch der umstrittene Bildungsminister Michael Gove und Umweltminister Owen Paterson auf. Cameron wollte mit der Kabinettsumbildung auch eine attraktivere Wahlalternative für Frauen schaffen. Mit Liz Truss als neue Umweltministerin und Nicky Morgan als neue Bildungsministerin beförderte er zunächst zwei Frauen in hohe Regierungsämter. Hammonds Posten als Verteidigungsminister Posten bekommt Michael Fallon. Innenministerin Theresa May, Finanzminister George Osborne und Gesundheitsminister Jeremy Hunt sollen nach Medieninformationen ihre Ämter behalten.

"Das ist die Nacht der langen Messer, und das ist beim letzten Mal ja wirklich gut gegangen", zitiert der Guardian einen ungenannten Tory. Es war eine sarkastische Anspielung auf die historische Entlassung von sieben Ministern durch den Premier Harold Macmillan 1962. Die für Dienstag geplante Kabinettssitzung wurde abgesagt, um dem Premier Zeit für die Bildung einer neuen Regierung zu geben.

Mehr Einfluss für EU-Kritiker

Die Personalien Hague, Hammond und Clarke deuten den britischen Medien zufolge vor allem auf zwei Beweggründe von David Cameron für die Umbildung des Kabinetts hin: Zum einen will der Premier den Wahlkampf für die Parlamentswahlen im Mai 2015 mit einem neuen, jüngeren Team mit deutlich mehr Frauen bestreiten. Zum anderen will er den EU-kritischen Flügel seiner Partei stärken. Damit soll auch ein weiterer Aufstieg der Europaskeptiker der Ukip verhindert werden, die bei den Europawahlen deutlich zugelegt hatten.

Neben der Entscheidung für Hammond als Außenminister kommt insbesondere dem Rücktritt von Kenneth Clarke große Bedeutung zu. Der 74-Jährige gehört zum EU-freundlichen Flügel der Tories. Dem Independent zufolge hat er bereits angekündigt, sich als Parlamentsmitglied in die Kampagne zum EU-Referendum einzumischen, die Premier Cameron seinen Landsleuten versprochen hat: Im Jahr 2017 sollen die Briten über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union abstimmen, sollten die Tories die Wahl im kommenden Jahr gewinnen. Bis dahin will Cameron die Stellung des Königreichs in der EU von Grund auf neu verhandeln. Clarkes Rücktritt ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Cameron dem Druck des EU-kritischen Flügels seiner Partei nachgibt.

© SZ.de/AFP/dpa/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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