Regierungsumbildung in Frankreich:Wer rebelliert, fliegt

Frankreichs Präsident Hollande (links) und sein Premierminister Manuel Valls während einer Besprechung

Frankreichs Präsident Hollande (links) und sein Premierminister Manuel Valls während einer Besprechung vor wenigen Tagen

(Foto: AFP)

Präsident Hollande haut auf den Tisch, Kritik an seiner Wirtschaftspolitik will er nicht mehr akzeptieren. Auf seinen Wunsch tritt die französische Regierung völlig überraschend zurück. Fragt sich nur, ob das ein Zeichen der Stärke ist.

Von Lilith Volkert

Frankreichs Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg hat laut ausgesprochen, was viele französische Sozialisten denken - und wurde dafür einen Kopf kürzer gemacht. Denn dass Premierminister Manuel Valls an diesem Montag nach nicht einmal fünf Monaten den Rücktritt der Regierung einreichte, ist in erster Linie seine Schuld.

Beim sozialistischen "Rosenfest" am Sonntag hat Montebourg mit scharfen Worten den Sparkurs seiner eigenen Regierung kritisiert und auch Deutschland angegriffen. Er hat sich keineswegs verplappert. "Wir müssen einen anderen Ton anschlagen", heißt es in einem Interview zum selben Thema, das er der Zeitung Le Monde kurz zuvor gegeben hatte. "Deutschland ist gefangen in einer Sparpolitik, die es ganz Europa aufgezwungen hat." Die Bekämpfung der Wirtschaftskrise sei wichtiger als die Sanierung des Haushalts.

Es ist ein Thema, das die regierenden Sozialisten angesichts steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Kaufkraft immer mehr umtreibt: Was hilft gegen die Wirtschaftskrise, striktes Sparen oder weiteres Geldausgeben? François Hollande, der sich 2012 mit Hilfe eines linken Parteiprogramms zum Präsidenten wählen ließ, hat in dieser Frage Anfang des Jahres eine radikale Kehrtwende vollzogen. Er entschied sich - auch, weil die EU Druck machte - fürs Sparen.

Mit seiner unternehmerfreundlichen Politik verärgerte er zunächst den grünen Koalitionspartner, der seit dem Frühjahr keinen Minister mehr stellt. Doch auch in der linken Ecke seiner eigenen Partei wächst der Widerstand gegen Hollande. Neben Wirtschaftsminister Montebourg hat auch Erziehungsminister Benoît Hamon am Wochenende deutliche Kritik an Budgetentscheidungen geübt.

Der ewige Zauderer Hollande haut auf den Tisch

Dass nun die Regierung umgebildet wird, ist zunächst der Versuch, eine Truppe zusammenzustellen, mit der Hollande seine - auch bei den Franzosen äußerst unbeliebte - Politik umsetzen kann. Premier Valls hat vom Präsidenten die Aufgabe bekommen, "eine Mannschaft zu bilden, die in Übereinstimmung steht mit den Zielsetzungen, die er selbst für unser Land festgelegt hat", heißt es aus dem Elysée. Valls wolle am Nachmittag jeden Minister einzeln befragen, wie er oder sie denn zu der wirtschaftspolitischen Linie der Regierung stehe, berichtet Le Monde.

Doch dies hätte sich unter Umständen auch durch die Entlassung des einen oder anderen Ministers regeln lassen. Insofern ist die für alle überraschende Regierungsumbildung auch als Signal an alle anderen streitlustigen Sozialisten zu verstehen: Wer rebelliert, fliegt.

Es war Hollandes Pressesprechern wichtig zu betonen, dass die Initivative zur Regierungsumbildung vom Präsidenten ausging. Er habe seinen Premierminister darum gebeten, den Rücktritt einzureichen, dieser habe den Wunsch akzeptiert. Der ewige Zauderer Hollande hat also einmal auf den Tisch gehauen. Fragt sich nur, ob er das aus plötzlich gewonnener Stärke getan hat. Oder mit der Kraft der Verzweiflung.

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