Süddeutsche Zeitung

Regierungskrise:Seehofer unter Zugzwang

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Der Innenminister beteuert, die Kanzlerin nicht stürzen zu wollen. Doch an diesem Montag wird die CSU ihn auffordern, im Asylstreit hart zu bleiben. Führende CDU-Politiker stellen sich hinter Merkel.

Von Stefan Braun, Susanne Höll und Wolfgang Wittl, Berlin

Im Streit zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer über die Asylpolitik zeichnet sich vor den Treffen der Spitzen beider Parteien an diesem Montag keine Lösung ab. Am Wochenende gab es zahlreiche Bemühungen um eine Schlichtung. Die CDU-Chefin kam am Sonntagabend mit der engeren Parteiführung zu Beratungen zusammen.

An diesem Montag steht damit Innenminister Seehofer unter Zugzwang. Sollte die gesamte CSU-Spitze ihn wie angekündigt beauftragen, per Ministererlass die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze zu beginnen, müsste er alsbald erklären, wann er diesen Schritt umsetzen wird. Bislang steht außer Zweifel, dass die Kanzlerin das als Verstoß gegen ihre Richtlinienkompetenz verstehen würde. Entsprechend stünde die Frage im Raum, ob - und wenn ja: wann - sie ihn als Reaktion auf die Entscheidung entlassen würde. Als sicher gilt, dass dann auch die Koalition in Berlin am Ende wäre. Merkel bliebe nur der Rücktritt oder der Versuch, sich um neue Koalitionspartner zu bemühen. In der CSU wird allerdings damit gerechnet, dass Merkel Seehofer im Amt belässt.

Für besonderen Ärger auf Seiten der CDU sorgte ein Bericht der Welt am Sonntag, in dem es hieß, Seehofer habe in einer vertraulichen CSU-Runde erklärt, er könne mit Merkel nicht mehr zusammenarbeiten. Gleichzeitig hatte er der Bild am Sonntag gesagt, niemand in der CSU habe ein Interesse daran, die Kanzlerin zu stürzen. Beide Äußerungen zusammen werden in der CDU als Beleg dafür genommen, dass die CSU mit der weiteren Eskalation spiele und noch nicht wisse, wie hart sie sein will, wenn der totale Bruch droht.

Halb versöhnlich, halb angriffslustig äußerte sich der wichtigste Minister im bayerischen Kabinett von Markus Söder, Albert Füracker. Der Finanz- und Heimatminister sagte der Süddeutschen Zeitung, die CSU wolle eine gemeinsame Lösung. Jedoch müsse die CDU-Spitze akzeptieren, "dass es in ihrer Partei viele Unterstützer für den Masterplan von Seehofer gibt". Die Menschen in Bayern erwarteten von der CSU, dass die Politik jetzt handele.

Merkels Stellvertreter im CDU-Parteivorsitz, Thomas Strobl, zeigte hingegen seinen Ärger darüber, dass die CSU immer noch so tue, als habe sich seit dem Sommer 2015 nichts geändert. Das Asylrecht sei verschärft, die Zuzugszahlen seien erfolgreich gesenkt worden, betonte Strobl. "Darüber muss auch die CSU endlich offen und leidenschaftlich sprechen." Der baden-württembergische Innenminister warnte die CSU davor, die Rhetorik der Rechtspopulisten zu übernehmen. "Die Behauptung, wir lebten in einem rechtsfreien Raum, ist eins zu eins das unsinnige Geschwätz der AfD." Das müsse man durch kluge und gemeinsame Problemlösungen überflüssig machen.

Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), der im Oktober eine Landtagswahl bestreiten muss, verteidigte Merkel. Er warnte vor einem Bruch der Unionsgemeinschaft und nationalistischen Alleingängen in Europa. "Glaubt denn irgendjemand, dass ein Zertrümmern von CDU und CSU irgendetwas besser macht? Ich glaube das nicht," sagte er.

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Quelle:
SZ vom 18.06.2018
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