Regierungskrise in Italien:Berlusconi wirbt für Kronprinz Alfano

Nach seinem angekündigten Rückzug spricht sich Italiens Noch-Premier Berlusconi für Neuwahlen im Februar aus. Als Kandidaten des Mitte-rechts-Bündnisses schlägt er seinen Intimus Angelino Alfano vor, der ihm als Justizminister mehr als einmal Gesetze auf den Leib geschneidert hat. Eine Übergangsregierung lehnt der 75-Jährige ab - und macht sich schon Gedanken über seine persönliche Zukunft.

In heiterer Stimmung präsentierte sich Silvio Berlusconi am Dienstagabend in einem Interview mit der Turiner Zeitung La Stampa. Der 75-Jährige bestätigte seinen angekündigten Rücktritt und erklärte, dass er sich nicht um eine neue Amtszeit bewerben wolle. Zugleich kündigte er an, dass der von ihm ausgewählte Nachfolger bei der kommenden Wahl für seine Partei "Volk der Freiheit" (Popolo della Libertà, PdL) kandidieren werde: "Der Mitte-rechts-Kandidat wird Angelino Alfano sein, er wird von allen akzeptiert."

Berlusconi will bei Neuwahlen nicht wieder antreten

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi und der frühere Justizminister Angelino Alfano bei einer Pressekonferenz in Rom im Juli 2011.

(Foto: dpa)

Berlusconi versprach, dass er zurücktreten werde, sobald das Parlament die von der Europäischen Union verlangten wirtschaftlichen Reformen beschlossen habe. Es wird einige Wochen dauern, bis die Reformen beide Häuser des Parlaments passiert haben werden. Dies könnte Ende November der Fall sein: Nach den Fahrplänen des Parlaments dürfte zunächst der Senat vom 15. bis 18. November das Stabilitätsgesetz mit den Reformzusätzen der Regierung behandeln. Dann geht der Entwurf in das Abgeordnetenhaus.

"Da keine anderen Mehrheiten im Parlament möglich sind, sehe ich nur Neuwahlen Anfang Februar", zitiert La Stampa den Ministerpräsidenten. Eine Übergangsregierung schloss er jedoch aus - ohne sich genauer zu äußern, wer in der Zeit zwischen seinem Rücktritt und dem vorgezogenen Urnengang die Amtsgeschäfte in Rom führen sollte. Eine neue Regierung unter Alfano sofort nach dem eigenen Rücktritt hält Berlusconi nicht für sinnvoll, da werde dieser nur "verheizt".

Ob sich Alfano, seit langem Berlusconis Kronprinz, durchsetzt, liegt letztlich bei den 1,2 Millionen PdL-Mitgliedern. Die Mitte-rechts-Parteien sind für Neuwahlen, der größte Teil der linken Opposition will eine Übergangsregierung. Als möglichen Chef einer auf die Wirtschaftskrise ausgerichteten Regierung nannten Medien den ehemaligen EU-Kommissar Mario Monti.

Die Favoriten Mario Monti oder Angelino Alfano

Doch während der auch im Ausland wegen seiner Seriosität und Wirtschaftskenntnis geschätzte Monti ein aus Technokraten bestehendes Kabinett anführen könnte, steht Alfano für das alte System Berlusconi. Der Oppositionspolitiker Leoluca Orlando nannte den Generalsekretär der PdL im Gespräch mit sueddeutsche.de im Juli "eine kleine Fotokopie von Berlusconi". Als Justizminister habe er jene Gesetze "ad personam" veranlasst, die den Cavaliere vor Strafverfolgung schützen sollten, so das Urteil des einstigen Bürgermeisters von Palermo.

Wie es weitergeht, muss Staatspräsident Napolitano gemeinsam mit allen Parteien entscheiden. Neben einer Auflösung des Parlaments mit anschließenden Neuwahlen könnte er auch einen ihm geeignet erscheinenden Kandidaten mit der Regierungsbildung beauftragen. Rein theoretisch könnte der Präsident auch Berlusconi erneut beauftragen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an die Regierung in Rom, den Worten Taten folgen zu lassen. "Italien muss seine Sparanstrengungen verstärken - und das weiß die italienische Regierung", sagte die CDU-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa. "Sie hat einen Plan vorgelegt, der jetzt umgesetzt werden muss."

Auch ein Kommentar von La Stampa mahnt zur Eile: "Diese 'verschobenen' Rücktritte sind keine Neuheit in unserem Land - aber dieses Mal sind sie von einem großen Risiko begleitet: Dass von heute bis zum Tag des offiziellen Rücktritts sich die Karten noch einmal wenden, noch einmal versucht wird, das Prestige-Spiel zum x-ten Mal zu spielen, die Brunnen vergiftet werden und ein angespanntes politisches Klima in Kauf genommen wird - und das in einer ökonomisch dramatischen Situation."

Berlusconi scheint das derzeit nicht zu kümmern. Er plant schon seine Zukunft nach dem Rücktritt. Er werde in der Rolle als Gründungsvater seiner Partei aufgehen, kündigt er im Gespräch mit La Stampa an - und "vielleicht werde ich wieder Präsident des AC Mailands".

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