Regierungskrise:Brasiliens Parlamentspräsident stoppt Rousseffs Amtsenthebung

Dilma Rousseff

Das Votum des brasilianischen Abgeordnetenhauses für Dilma Rousseffs Absetzung ist annulliert.

(Foto: REUTERS)
  • Das Amtsenthebungsverfahren gegen die brasilianische Staatschefin Dilma Rousseff wurde annulliert.
  • Der Übergangspräsident des Abgeordnetenhauses ordnete eine Wiederholung der Parlamentsabstimmung an.
  • Aber der Senat stellt sich gegen einen Stopp des Verfahrens.

Der Übergangspräsident des brasilianischen Abgeordnetenhauses hat das Votum der Parlamentskammer für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatschefin Dilma Rousseff annulliert.Waldir Maranhao erklärte das Abstimmungsergebnis von Mitte April für ungültig und ordnete eine Wiederholung der Sitzung an, wie in Brasília offiziell mitgeteilt wurde. Maranhao führte als Begründung an, dass die Beratungen des Abgeordnetenhauses vom 15. bis 17. April durch eine "Vorverurteilung" der Präsidentin gekennzeichnet gewesen seien. Rousseffs Recht auf "umfassende Verteidigung" sei verletzt worden. Daher müsse eine neue Debatte angesetzt werden.

Allerdings lehnt der Senat einen Stopp des Verfahrens ab. Das Amtsenthebungsverfahren solle wie geplant fortgesetzt werden, erklärte Senatspräsident Renan Calheiros - und stellte sich damit gegen Übergangspräsidenten Maranhao. Damit ist unklar, ob der Senat überhaupt entscheiden kann, da das Votum der Abgeordneten dafür Voraussetzung ist. Im Senat zeichnet sich eine klare Mehrheit dafür ab, Rousseff zur Prüfung der Vorwürfe für 180 Tage zu suspendieren.

Offizieller Vorwurf: Tricksereien beim Haushaltsentwurf für 2015

Rousseff wird Korruption vorgeworfen - das Verfahren gegen sie gilt als umstritten. Offiziell werden ihr Tricksereien beim Haushaltsentwurf für 2015 vorgeworfen. Andererseits gilt der Prozess als politisch motiviert. Gegen zahlreiche Parlamentarier, die die Amtsenthebung Rousseffs vorantrieben, sind selbst Verfahren wegen Korruption anhängig, etwa im Zuge des Skandals um den staatlichen Ölkonzern Petrobras, der das Land seit mehr als zwei Jahren erschüttert.

Rousseff selbst konnten bisher keine korrupten Handlungen in dessen Umfeld nachgewiesen werden. Ihren Gegnern wirft sie vor, sie aus dem Amt putschen zu wollen. Rousseff empfindet den Vorstoß ihrer Gegner als illegal. "Brasilien ist eine präsidiale Demokratie", sagte sie. "Um den Staatschef entfernen zu können, reicht nicht ein politischer Wille, nein, der Staatschef muss eine Straftat begangen haben. Mich aber beschuldigt niemand eines Verbrechens, weder der Korruption, noch der Geldwäsche, noch habe ich ein Konto im Ausland."

Das Verfahren gegen Rousseff war bereits weiter vorangeschritten. Vergangenen Freitag sprach sich auch ein Sonderausschuss des Senats für die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens aus. Noch in dieser Woche wollte die gesamte Kammer darüber abstimmen.

Es wäre das zweite Mal in der Geschichte Brasiliens, dass ein Staatschef suspendiert wird. 1992 stimmten Parlament und Senat für die vorläufige Amtsenthebung von Fernando Collor de Mello, auch damals wegen Korruptionsvorwürfen. Danach trat er zurück.

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