Regierungsbildung in Hamburg:Scholz muss verhandeln

  • Die SPD ist in Hamburg eindeutig stärkste Partei, braucht aber einen Regierungspartner. Bürgermeister Scholz möchte gerne mit den Grünen koalieren.
  • Nach dem Wahldebakel der CDU in Hamburg beklagt CSU-Generalsekretär Scheuer die Schwäche der Schwesterpartei in einigen Bundesländern.
  • Die kleinen Parteien können sich freuen - sie verzeichnen alle leichte Zugewinne. Sogar die FDP, die nun auf eine allgemeine Trendwende hofft.
  • Die AfD zieht in Hamburg erstmals in ein westdeutsches Landesparlament ein.

SPD braucht Koalitionspartner

Die SPD hat die Wahl in Hamburg klar gewonnen, schrammt aber mit 45,7 Prozent an der absoluten Mehrheit vorbei. Nach vier Jahren Alleinregierung müssen die Sozialdemokraten sich einen Koalitionspartner suchen. Wahlsieger Olaf Scholz wünscht sich die Grünen, hat diese aber bereits vor zu hohen Ansprüchen in den geplanten Koalitionsverhandlungen gewarnt.

Mit der nur knapp verfehlten absoluten Mehrheit sei "auch eine inhaltliche Botschaft verbunden, wie sich die Stadt weiter entwickeln soll", sagte Scholz. Er sei optimistisch, dass die Verhandlungen über Rot-Grün zum Erfolg führten. Doch es gibt auch kritische Stimmen innerhalb der SPD: Hamburgs früherer Bürgermeister Klaus von Dohnanyi sagte, er sei "kein besonderer Freund von Rot-Grün".

Die Grünen ziehen mit 12,2 Prozent leicht gestärkt in die Bürgerschaft ein. Sie zeigten sich für Gespräche mit der SPD offen. Spitzenkandidatin Katharina Fegebank kündigte im NDR jedoch an, sie werde um die eigenen Themen kämpfen. Als Beispiele nannte Fegebank die Bereiche Verkehr und Umwelt. Co-Spitzenkandidat Jens Kerstan sagte: "Wir werden hart verhandeln und sind dann zuverlässige Partner."

Sollte es wider Erwarten mit den Grünen nicht klappen, steht aber auch die FDP für eine gemeinsame Regierung bereit, wie Spitzenkandidatin Katja Suding sagte. Die Liberalen konnten in Hamburg erstmals seit Längerem wieder ein gutes Wahlergebnis verbuchen und bleiben mit 7,4 Prozent in der Bürgerschaft.

Lob für Scholz aus der Bundespartei

SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht den Erfolg in Hamburg als Ermutigung für die Sozialdemokraten im Bund. Es habe sich gezeigt, dass sich verlässliche Regierungsarbeit auszahle, diese "steht für die SPD an erster Stelle", sagte Gabriel. Er räumte allerdings ein, dass die Sozialdemokraten vor allem im Süden und Osten Deutschlands stärker werden müssten.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, würdigte das gute Wahlergebnis seiner Partei: "Das Hamburger Ergebnis ist in erster Linie ein großer persönlicher Erfolg von Olaf Scholz, aber damit macht er auch der gesamten SPD Mut", sagte Oppermann der Rheinischen Post.

Scholz wird am Morgen von Parteichef Sigmar Gabriel in der Berliner Parteizentrale empfangen. Mit seinem erneuten Wahlsieg gewinnt Hamburgs Bürgermeister auf der SPD-Bundesebene an Gewicht. Im Parteivorstand kann niemand sonst zwei derart klare Wahlerfolge vorweisen. In der Partei herrscht angesichts der schwachen Umfragewerte um 25 Prozent unter Gabriel die Sorge, bei der Bundestagswahl 2017 erneut zu unterliegen.

CSU-Generalsekretär beklagt CDU-Schwäche

Die CDU ist der große Verlierer der Wahl in Hamburg. Sie stürzte um sechs Prozentpunkte auf ein historisches Tief von nicht einmal 16 Prozent ab. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sieht die Schwesterpartei CDU nun in der Pflicht - nicht nur in Hamburg: "Wir haben im Bund und in Bayern blendende Stimmung und beste Umfragewerte", sagte Scheuer der Zeitung Die Welt. In einigen Ländern müsse nun die CDU "hart an sich arbeiten, damit es wieder besser wird".

Scheuer sagte, die CDU habe sich in Hamburg vom Weggang des früheren Bürgermeisters Ole von Beust nicht erholt. Bei Kommunalwahlen komme es "immer auf die Persönlichkeit des Spitzenkandidaten an" - eine deutliche Spitze gegen CDU-Spitzenmann Dietrich Wersich.

Auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sieht vor allem einen personellen Grund als Grund für das Wahldebakel seiner Partei. Das Ergebnis für die CDU in Hamburg sei "bitter", sagte er der Leipziger Volkszeitung. Es sei allerdings "schwer", gegen einen derart populären Politiker wie Scholz zu gewinnen. Parteivize Volker Bouffier nannte das Ergebnis eine "ordentliche Klatsche" für die CDU. Die Partei habe kein überzeugendes eigenes Thema anbieten können.

Erfolg für AfD und Linke

Die AfD schaffte in Hamburg erstmals den Sprung in ein westdeutsches Landesparlament. Sie kommt auf 6,1 Prozent. Die Linke erreicht 8,5 Prozent - und steigert sich damit um 2,1 Prozentpunkte. Die Wahlbeteiligung war mit offiziell 56,6 Prozent so schlecht wie nie in Hamburg (2011: 57,3).

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