Süddeutsche Zeitung

Regierungsbildung:Das Warten geht weiter

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Erst die langen Verhandlungen, dann das SPD-Votum - und jetzt noch eine Sitzungspause im Bundestag: Angela Merkel kann frühestens Mitte März wiedergewählt werden.

Von Robert Roßmann, Berlin

Deutschland muss mindestens eine Woche länger auf eine neue Regierung warten als bisher angenommen. Zuletzt war spekuliert worden, Angela Merkel könne nach einem positiven SPD-Mitgliedervotum - das Ergebnis soll am 4. März verkündet werden - bereits am 6. oder 7. März in einer Sondersitzung des Bundestags erneut zu Kanzlerin gewählt werden. Er rechne nicht mit einer derartigen Sondersitzung, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer am Dienstag. Denn die SPD wolle vor dem Ende des Mitgliedervotums keine Termine festlegen, weil dies vom No-Groko-Lager als Vorfestlegung auf ein positives Ergebnis verstanden werden könnte.

Zu einer Sondersitzung in einer sitzungsfreien Woche müssten die Abgeordneten extra aus ganz Deutschland anreisen, es wäre also zumindest ein kurzer zeitlicher Vorlauf nötig, um allen Parlamentariern die Teilnahme zu ermöglichen. Manche nutzen sitzungsfreie Wochen auch zu Auslandsreisen. Grosse-Brömer sagte, er gehe jetzt davon aus, dass Merkel erst in der regulären Bundestagssitzungswoche vom 12. bis 16. März gewählt werde.

Von der Kanzlerwahl hängt auch der Wechsel in der bayerischen Staatskanzlei ab. CSU-Chef Horst Seehofer will sein Amt als Ministerpräsident erst niederlegen, wenn er Bundesinnenminister ist. Dazu kann er aber naturgemäß erst nach der Wahl Merkels berufen werden.

JU-Chef Paul Ziemiak hält weitere Personalwechsel in der CDU für nötig

Seit Dienstag können die SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, er setze auf ein Ja, damit Union und SPD "dem Land endlich eine handlungsfähige Regierung stellen können". Nur dann könne Berlin sein "ganzes Gewicht in die Beratungen in Europa" legen. Am Donnerstag will Merkel eine Regierungserklärung zum EU-Gipfeltreffen abgeben. Es wird ihre erste Rede im neuen Bundestag sein - und damit ihre erste direkte Konfrontation mit AfD-Rednern im Parlament.

Unterdessen ging in der CDU die Debatte über den Kurs der Partei weiter. Die Entscheidung Merkels für Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Generalsekretärin wurde zwar über alle Flügel und Strömungen hinweg begrüßt. Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, sagte in der ARD, Kramp-Karrenbauer sei "in dieser schwierigen Zeit" genau die richtige Frau für dieses Amt. Allerdings reiche diese Entscheidung allein nicht aus, "jetzt müssen wir auch schauen, wie sieht das Bundeskabinett aus und wie sieht die Fraktion aus". Eine einzelne Personalentscheidung sei für den nötigen "Erneuerungsprozess der Union" zu wenig. Es seien jetzt auch neue Gesichter nötig. Außerdem gehe es darum, die inhaltliche Debatte voranzutreiben und die unterschiedlichen Flügel auch in ihrer Breite darzustellen.

Am Sonntag will Merkel öffentlich machen, welche CDU-Politiker Bundesminister werden sollen. Ziemiak gehört zu denen in der Partei, die hoffen, dass dabei auch Finanzstaatssekretär Jens Spahn berücksichtigt wird.

Alexander Dobrindt sieht Kramp-Karrenbauer auf ähnlicher Linie wie die CSU

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lobte die Entscheidung für Kramp-Karrenbauer. Er sprach von einem "geglückten Coup" Merkels. Dobrindt versuchte jedoch, die Entscheidung als Bestätigung für den Kurs der CSU zu interpretieren. Die Saarländerin habe "in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie Wahlen gewinnen kann", sagte er. Sie sei durchsetzungsstark und habe ein "klares Gespür" dafür, was die Menschen bewege. Sie wisse, dass dies bedeute, "dass wir das ganze Spektrum von der Mitte bis zur demokratischen Rechten abbilden müssen" und dass ein "Fokussierung auf Mitte" allein nicht ausreiche.

Als ehemaliger CSU-Generalsekretär gab Dobrindt Kramp-Karrenbauer den "positiv gemeinten" Rat, immer "General gegenüber dem politischen Gegner, aber Sekretär gegenüber der eigenen Partei" zu sein.

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SZ vom 21.02.2018
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