Regierung - Wiesbaden:Hessen können über Meldestelle Hass und Hetze im Netz melden

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Der Hashtag Hass als Link. Foto: Lukas Schulze/dpa (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessen verstärkt den Kampf gegen Hetze und Hass im Internet und setzt dabei noch mehr auf die Unterstützung aus der Bevölkerung. Die staatliche Meldestelle, bei der sich jeder Hesse mit Texten oder Fotos aus dem Netz an Experten zur Prüfung wenden kann, wurde am Donnerstag offiziell von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Wiesbaden freigeschaltet. Per Onlineformular, E-Mail oder über eine Telefon-Hotline können sich die Bürger nun unter www.hessengegenhetze.de bei Vorkommnissen melden.

Im Kampf gegen Hetze und Hass sei eine breite gesellschaftliche Unterstützung nötig, betonte der Regierungschef. Nach seiner Erkenntnis sei es das erste Mal in Deutschland, dass ein solches Meldeportal eingerichtet wurde. "Das ist keine Eintagsfliege, sondern soll eine Dauereinrichtung sein", versicherte der Ministerpräsident. Die Bürger könnten darauf vertrauen, dass strafbare Inhalte durch Polizei und Staatsanwaltschaft schnell und effektiv verfolgt werden.

Eine spezielle Meldestelle wie Hessen haben die anderen Bundesländer bislang nicht. Dort können Hasskommentare auch über Internetportale gemeldet werden, etwa über sogenannte Onlinewachen der Polizei. Mancherorts werden solche Hinweise aber zusammengeführt und etwa von spezialisierten Ermittlern und Staatsanwälten bearbeitet.

Hessens stellvertretender Regierungschef Tarek Al-Wazir (Grüne) betonte, Hessen sei ein sicheres Land. In Teilen der Gesellschaft sei aber eine Verrohung erkennbar. "Wir haben eine Senkung der Hemmschwelle. Was offline gilt, gilt aber auch online", sagte Al-Wazir zu strafbaren Äußerungen im Netz. Deshalb sei diese zentrale Meldestelle eingerichtet worden.

Die Meldestelle setze bewusst niedrigschwellig ein, versicherten die Verantwortlichen. Sollte eine Aussage etwa aus den sozialen Netzwerken von der Meinungsfreiheit gedeckt sein, bekomme der Bürger ebenso eine Rückmeldung wie auch im Falle von strafrechtlicher Relevanz wie Volksverhetzung oder dem Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichen. Über die Meldestelle könnten Hinweise auch anonym an die Experten übermittelt werden.

Justizministerin Eva-Kühne Hörmann und Innenminister Peter Beuth (beide CDU) betonten, dass gerade nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ein Stoppschild gegen Hetze im Netz gesetzt werden sollte. Hessen setze ein sehr wichtiges Signal, dass die Regeln der analogen Welt auch in der digitalen Welt gelten.

Hessens Landesregierung hatte im Herbst einen Aktionsplan vorgestellt, um ein gesellschaftliches Bündnis für die Ächtung von Online-Hetze zu schaffen. Neben der neuen staatlichen Meldestelle gibt es auch eine Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT). Die ZIT nimmt dabei bundesweit Hinweise von Kooperationspartnern entgegen und bewertet sie strafrechtlich.

Seit dem Start der Kooperation seien bislang rund 6200 Hinweise bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität eingegangen, sagte die Justizministerin. Etwa 40 Prozent der geprüften Meldungen würden als strafrechtlich relevant eingeschätzt. 79 Ermittlungsverfahren seien aufgrund der Hinweise mittlerweile eingeleitet worden.

Etwa die Hälfte der Absender, die mit Hetze und Hass im Netz unterwegs sind, benutzten "vermeintliche" Klarnamen, sagte ein Sprecher der ZIT. Bei der Überprüfung stelle sich dann aber heraus, dass diese Angaben oft falsch seien. Nach seiner Schätzung sei etwa ein Viertel der Personen mit dem richtigen Namen im Internet aktiv.

Es reiche nicht, diese Inhalte nur zu löschen, betonte die Justizministerin. Es müsse auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommen. Mit dieser bundesweit einmaligen Kooperation solle erreicht werden, dass Meinungsfreiheit im Netz wieder mehr Platz finde.

Anfang November vergangenen Jahres hatte sich das Bündnis aus Vereinen, Institutionen und der hessischen Justiz zusammengeschlossen. Die ZIT nimmt dabei bundesweit Hinweise der Kooperationspartner entgegen und bewertet sie strafrechtlich. Zu dem Bündnis gehören unter anderem Vertreter von Organisationen wie "HateAid" und "ichbinhier" sowie der Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk.

Die Vereinbarung ist Teil des Aktionsplans "Hessen gegen Hetze", den die Landesregierung im vergangenen Herbst vorgestellt hatte. Dieser war eine Folge des Mordes an Kassels Regierungspräsident Lübcke, der im Juni erschossen wurde. Es wird von einem rechtsextremen Hintergrund ausgegangen. Vor und nach der Tat hatten Nutzer im Internet - mutmaßlich aus dem rechten Spektrum - gegen das Opfer gehetzt.

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