Süddeutsche Zeitung

Regierung - Lübeck:Viele Veranstaltungen zum Mauerfall-Jubiläum im Norden

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Schwerin/Dassow/Lübeck (dpa) - Kurz nach Verkündung der Grenzöffnung am Abend des 9. November 1989 eilten DDR-Bürger auch im Norden zu den Kontrollstellen, um die unverhoffte Gunst zu nutzen und dem Westen einen ersten Besuch abzustatten. Mit einer Festveranstaltung in Dassow (Nordwestmecklenburg) erinnert die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns am Samstag nun an das historische Ereignis, mit dem die deutsche Wiedervereinigung eingeleitet worden war. Der Ort ist bewusst gewählt. Denn die Kleinstadt unweit der Ostsee liegt an der B 105, über die sich im Herbst 1989 lange Autoschlangen gen Lübeck wälzten.

Nach dem etwa zweistündigen Festakt in der Dassower Dornbuschhalle will sich Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in der Nähe des früheren Grenzübergangs Schlutup mit ihrem schleswig-holsteinischen Amtskollegen Daniel Günther (CDU) treffen, um an den Mauerfall vor 30 Jahren zu erinnern. Schlutup war seinerzeit der nördlichste Grenzübergang, über den DDR-Bürger nach der Grenzöffnung in den Westen strömten.

Neben geladenen Vertretern des Landtags, von Verbänden und Organisationen werden auch interessierte Bürger am Festakt teilnehmen können. Dafür sind laut Staatskanzlei etwa 100 Plätze reserviert. Insgesamt würden rund 300 Gäste erwartet.

Parallel zum Festakt in Dassow begeht die CDU Mecklenburg-Vorpommerns das Mauerfall-Jubiläum zusammen mit den CDU-Landesverbänden von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg. Für die Veranstaltung im Kloster Zarrentin am Schaalsee, initiiert von CDU-Landeschef Vincent Kokert, haben auch der Kieler Ministerpräsident Günther, Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann und die Hamburger CDU-Vizevorsitzende Anke Frieling ihr Kommen zugesagt. Gastredner wird der frühere Bundesminister Thomas de Maizière sein, der mehrere Jahre lang auch für die schwarz-rote Regierung in Schwerin tätig war.

Die Kirchen im Norden erinnern mit einem ökumenischen Gottesdienst "Zur Freiheit befreit" am Samstagnachmittag im Dom zu Ratzeburg an die friedliche Revolution und den Fall der Mauer. Dazu eingeladen haben die Evangelisch-Lutherische Nordkirche und das katholische Erzbistum Hamburg. Bei dem Gottesdienst sollen auch Zeitzeugen aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu Wort kommen. Zwischen Ratzeburg und Gadebusch war bei Mustin drei Tage nach dem Fall der Mauer ein zunächst provisorischer Grenzübergang eröffnet worden, um den einsetzenden Grenzverkehr bewältigen zu können.

Im Anschluss an den Gottesdienst werden den Kirchenangaben zufolge die Teilnehmer mit Kerzen in den Händen zum Marktplatz ziehen. Solche Lichterprozessionen hatte es vielfach auch im Wendeherbst 1989 in der DDR gegeben.

Die Chefin der Linksfraktion im Landtag, Simone Oldenburg, bezeichnete den Mauerfall als einen "Höhepunkt der Friedlichen Revolution". Die Bürger der DDR hätten die Öffnung der Staatsgrenze erzwungen. "Er war Folge der immer lauter werdenden Forderungen vieler Menschen nach Reformen, freien Wahlen und freier Meinungsäußerung, Reisefreiheit und Demokratie", betonte sie. Der Protest habe sich gegen eine "reformunwillige und reformunfähige SED und Staatsführung" gewandt, sagte Oldenburg und zog dabei indirekt Parallelen zur aktuellen Politik.

Für Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) ist Tag des Mauerfalls "jedes Jahr auf's Neue ein Tag voller Freude, Dankbarkeit und Respekt". Viele mutige Menschen seien auf die Straße gegangen und hätten damit den Weg bereitet für politische Veränderungen und bessere Lebensverhältnisse. "Vieles ist gelungen, Rückschläge hat es gegeben. Wir haben vor allem auch wirtschaftlich noch Nachholbedarf", machte Glawe deutlich.

Bereits am 16. Oktober hatte der Landtag Mecklenburg-Vorpommerns mit einer Festveranstaltung in Waren (Mecklenburgische Seenplatte) an die Friedliche Revolution von 1989 erinnert, die den Weg zu Mauerfall und deutscher Einheit ebnete. "Unser Leben wäre anders verlaufen, wenn damals nicht so viele so mutig gewesen wären", hatte Schwesig in Waren gesagt.

Zudem wurde in mehreren Städten des Landes mit Gottesdiensten an die ersten Protestaktionen gegen die SED-Diktatur erinnert. Bei einer Gedenkveranstaltung im Schweriner Dom hatte der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck dazu aufgerufen, die vor 30 Jahren errungene Freiheit zu verteidigen und aktiv mitzugestalten.

Mit dem Mauerfall vom 9. November 1989 ging die deutschen Teilung nach mehr als 28 Jahren zu Ende. Die überraschende Grenzöffnung hatte SED-Politbüromitglied Günter Schabowski am Abend des 9. November 1989 vorfristig vor der internationalen Presse in Ost-Berlin verkündet. "Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort ... unverzüglich", antwortete er auf eine Frage zum neuen DDR-Reisegesetz, nach dem private Besuche im Ausland ohne besondere Voraussetzungen möglich sein sollten. Die Pressemitteilung dazu war eigentlich erst für den nächsten Tag vorgesehen.

Eine zentrale Feier zum 30. Jahrestag des Mauerfalls wird es am Samstag in Berlin in der Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geben. Bei der Veranstaltung sollen den Angaben zufolge auch Rosen zum Gedenken an die Opfer abgelegt werden. Allein an der Berliner Mauer starben durch das DDR-Grenzregime nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 140 Menschen.

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