Regierung - Kiel:Aufregung um Ausschreibung für neues Staatskanzleigebäude

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Regierungssprecher Peter Höver. Foto: Carsten Rehder/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holsteins Landesregierung prüft einen möglichen Umzug der Staatskanzlei in den ehemaligen Sitz der Wehrbereichsverwaltung in Kiel. Dies bestätigte am Mittwoch das Finanzministerium. Für Aufregung sorgte unterdessen die landeseigene Gebäudemanagementgesellschaft GMSH mit einer Internet-Ausschreibung für den Umbau des Gebäudes. "Es handelt sich um einen Verfahrensfehler der GMSH", erklärte eine Sprecherin des Finanzministeriums. Zunächst hatte das "Flensburger Tageblatt" über die Ausschreibung berichtet. Diese wurde laut Finanzministerium mittlerweile offline gestellt.

Staatskanzleichef Dirk Schrödter erklärte, die Staatskanzlei sei vor Veröffentlichung der Ausschreibung nicht beteiligt worden. "Hätte ich im Vorfeld davon Kenntnis erhalten, dann hätte ich eine Zustimmung für eine solche Ausschreibung nicht erteilt." Diese ging von einer Kostenschätzung von 21,85 Millionen Euro aus. Das Finanzministerium erklärte, es teile die Einschätzung der Staatskanzlei.

Die GMSH äußerte sich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch nicht und verwies auf das übergeordnete Finanzministerium. "Von einem Koalitionskrach kann überhaupt keine Rede sein", sagte Regierungssprecher Peter Höver der Deutschen Presse-Agentur angesichts der Zeitungsberichterstattung. "Finanzministerium und Staatskanzlei hatten sich am Dienstag gemeinsam und im völligen Einvernehmen auf eine Aufhebung der Ausschreibung verständigt."

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) schilderte die Vorgänge in einem Schreiben an den Finanzausschuss des Landtags, das der dpa vorliegt. Das Land hatte die Liegenschaft - sie liegt zwei Kilometer vom jetzigen Staatskanzleisitz entfernt - 2016 gekauft. Wegen der notwendigen Unterbringung von Flüchtlingen konnte Heinold zufolge der Plan, dort das Dienstleistungszentrum Personal unterzubringen, nicht umgesetzt werden. Danach habe es ohne vorherige Sanierung Interimsnutzungen gegeben. Dann wurde Heinold zufolge die Prüfung einer Nutzung durch die Staatskanzlei eingeleitet.

"Die GMSH hat entgegen der Absprache keine Musterräume hergestellt, sondern ohne Abstimmung eine abstrakte Kostenschätzung auf der Grundlage von Referenzgebäuden vorgenommen, die von einer Herrichtung für die Staatskanzlei ausgegangen ist", erläuterte Heinold. Diese Schätzung habe sich auf 21,85 Millionen Euro inklusive Baunebenkosten (BNK) belaufen. Die GMSH habe das Ministerium über diese Kostenschätzung erst am 28. Juli schriftlich unterrichtet und um Stellungnahme gebeten. "Ohne diese Stellungnahme abzuwarten und ohne das Finanzministerium zu informieren, wurde die Ausschreibung jedoch durch die GMSH bereits am Folgetag veröffentlicht."

Am 31. Juli habe das Ministerium die GMSH um weiterreichende Erläuterungen gebeten. Am 3. August, also Montag, hätten Ministerium und Staatskanzlei erfahren, dass die Ausschreibung bereits am 29. Juli veröffentlicht wurde. Daraufhin habe die GMSH auf Aufforderung die Ausschreibung unverzüglich zurückgezogen.

Die Ausschreibung lobe keine Baumaßnahme aus, sondern eine Planungsleistung, betonte Heinold. Die Bundesverwaltung als ehemalige Eigentümerin habe 2015 mit Sanierungskosten von rund 6,5 Millionen Euro ohne Baunebenkosten gerechnet, gab Heinold an. Das Land habe diese Annahme nach dem Kauf auf etwa 9 Millionen Euro korrigiert. Jetzt müsse eine neue Bewertung vorgenommen werden, zunächst für eine normale Büronutzung. "Die für eine mögliche Unterbringung der Staatskanzlei zusätzlich erforderlichen Maßnahmen wie zum Beispiel Sicherheitstechnik werden erst danach gesondert erhoben."

Mit der gestuften Betrachtung werde eine Abwägung möglich, welche Behörden zu welchen Kosten dort untergebracht werden können. Im Hnblick auf die Kosten wurde am Mittwoch aus Regierungskreisen auch auf die enormen Zusatzbelastungen für das Land durch die Corona-Krise verwiesen. Über die Unterbringung von Landesbehörden sei zwingend im Rahmen eines Gesamtkonzepts und unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit zu entscheiden, betonte Staatskanzleichef Schrödter. "Eine solche Entscheidung hat die Landesregierung noch nicht getroffen."

Diese Ausschreibung sage alles über Geist und Zustand der Jamaika-Koalition, erklärte AfD-Fraktionsvize Claus Schaffer. Weit schlimmer sei angesichts der Corona-Folgen aber der Mangel an finanzpolitischer Sensibilität, den der Vorgang sichtbar mache.

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