Reform der Bundeswehr:Wehrbeauftragter: "Die Menschen nicht vergessen"

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus sorgt sich angesichts von geplanten Standortschließungen um das Familienleben der Soldatinnen und Soldaten. Sie sollen nicht zwischen Kind und Kaserne pendeln müssen.

Wenn Unternehmen sparen, leiden oft die Mitarbeiter. Keine neue Erkenntnis - wohl aber eine, die neuerdings auch den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus angesichts des Spareifers von Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu beunruhigen scheint. Der FDP-Politiker hat deshalb dazu aufgerufen, bei der anstehenden Reform der Bundeswehr auf die Soldatinnen und Soldaten Rücksicht zu nehmen.

"Wir dürfen hinter allen Zahlen, geforderten Fähigkeiten, angestrebten Synergien und Effizienz-Gewinnen die Menschen nicht vergessen, die dieser Bundeswehr angehören. Bei allem, was derzeit in der Diskussion ist, geht es um sehr einschneidende Veränderungen, die unsere Soldatinnen und Soldaten, aber auch deren Ehefrauen und Ehemänner, Kinder, Väter und Mütter betreffen", sagte Königshaus der Mitteldeutschen Zeitung.

So mache es ihm "Sorgen, dass womöglich durch die Reduzierung der Truppe und die Schließung von Standorten die Zahl der Pendler unter den Soldaten, die jetzt schon immens hoch ist, noch weiter steigt". Dienst und Familie seien immer schwerer zu vereinbaren. Es gebe bei der Bundeswehr schon heute die höchsten Scheidungsraten aller vergleichbaren Gruppen. Dies dürfe sich nicht noch weiter verschärfen.

Gleichzeitig betonte Königshaus die Notwendigkeit von Reformen: "Wir müssen die Bundeswehr für ihre künftigen Aufgaben fit machen", sagte er der Zeitung. Der Bericht der Strukturkommission unter Leitung des Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sei "dafür ein wichtiger Schritt". Die ins Auge gefasste Reduzierung des Umfangs der Bundeswehr erscheine ihm überdies "realistisch und verkraftbar".

"Die politische Musik spielt in der Hauptstadt"

Indes plädiert der Bundeswehrverband in der Diskussion um eine Strukturreform für einen Komplettumzug des Verteidigungsministeriums von Bonn nach Berlin. "Es gibt noch immer so viele zersplitterte Zuständigkeiten und undurchsichtige Abläufe, dass hier eine Neuordnung überfällig ist", sagte Verbandschef Ulrich Kirsch der Passauer Neuen Presse.

Wenn das Ministerium verkleinert werde, wäre es sinnvoll, "es komplett nach Berlin zu verlegen", sagte Kirsch weiter. "Die politische Musik spielt in der Hauptstadt." Die Ebene darunter mit den Befehlshabern der Teilstreitkräfte "könnte allerdings in Bonn bleiben".

Kirsch kündigte an, dass sein Verband die Reform "konstruktiv begleiten" werde. Er halte es für möglich, mit einer Truppenstärke von etwa 180.000 Mann auch in Zukunft das gesamte Fähigkeitsspektrum abzudecken. Das sei notwendig, um international akzeptierter Partner zu bleiben.

Bundeswehr soll für den Nachwuchs attraktiv werden

Für weniger realistisch hält der Verbandschef den Vorschlag, dass künftig 15.000 Freiwillige Wehrdienst leisten sollen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles nach dem Prinzip Freiwilligkeit funktioniert - nach dem Motto 'Tu was für Dein Land!'", sagte Kirsch.

Es gebe es viele Möglichkeiten, die Bundeswehr attraktiver zu machen - etwa Studienplätze an den Bundeswehruniversitäten oder eine bessere Vereinbarkeit von Soldatenberuf und Familie. Für ihn sei wichtig, dass die Bundeswehr "im Wettbewerb um den besten Nachwuchs mit großen Unternehmen besteht", fügte Kirsch hinzu.

Verteidigungsminister zu Guttenberg hatte am Dienstag den Abschlussbericht der von ihm eingesetzten Reformkommission unter Frank-Jürgen Weise entgegengenommen. Dabei kündigte der Minister an, dass eine grundlegende Strukturreform der Bundeswehr in den nächsten fünf bis acht Jahren vollständig umgesetzt werden solle.

Geplant sind unter anderem eine Aussetzung der Wehrpflicht sowie ein freiwilliger Wehrdienst von laut Kommissionsvorschlag 15.000 Soldaten. Die Zahl der Mitarbeiter im Verteidigungsministerium soll den Empfehlungen zufolge von derzeit etwa 3000 auf weniger als 1500 reduziert werden. Die Zahl der Streitkräfte insgesamt soll von derzeit etwa 250.000 auf nur noch 180.000 Soldaten sinken. Strittig ist der Vorschlag der Kommission, den Bonner Dienstsitz des Verteidigungsministeriums weitgehend aufzulösen.

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