Referendum in Ägypten:Was der neue starke Mann tun muss

al-Sisi Ägypten

Nach dem Referendum muss General al-Sisi Ägypten einen.

(Foto: Getty Images)

Ägypten bleibt gespalten: Nur die Ja-Wähler sind dem Aufruf der Regierung gefolgt, die Mursi-Anhänger signalisieren ihr Nein zur neuen Verfassung durch einen Boykott. Falls Armeechef al-Sisi bei der Präsidentenwahl antritt, muss er auf anderes setzen als auf Tschingderassabum-Parolen.

Ein Kommentar von Tomas Avenarius, Kairo

Mehr als 90 Prozent der abgegebenen Stimmen sind Ja-Stimmen - das Ergebnis des Referendums zur ägyptischen Verfassung hat einen sowjetischen Beigeschmack. Selbst wenn es stimmen sollte, ist eine andere Zahl wichtiger: Die Wahlbeteiligung soll lediglich bei ungefähr 55 Prozent gelegen haben.

Ägypten bleibt also weiterhin gespalten. Nur die Ja-Wähler sind dem Wahlaufruf der vom Militär eingesetzten Regierung gefolgt. Sie sind in die "heroische Schlacht des Referendums" gezogen, wie sich die Regierung ausdrückt - sprich ins Wahllokal gegangen. Die Anhänger des gestürzten Präsidenten der Muslimbrüder, Mohammed Mursi, haben ihr Nein zum neuen Grundgesetz durch einen Boykott klargestellt - und das Nein zur neuen Regierung dazu.

Das Regime bezeichnet die Verfassung als den ersten Schritt hin zur Nil-Demokratie. Das aber wird durch das Gebaren des eigentlich starken Mannes konterkariert: Armeechef Abdel Fattah al-Sisi versteht ein Ja zur Verfassung als Aufruf, bei der Präsidentenwahl selbst anzutreten - und diese Wahl wird auch nach Breschnew schmecken.

Falls Sisi antritt, macht er das Rennen sowieso. Wichtiger ist, ob der General begriffen hat, dass es sein Job sein wird, die Ägypter zu einen: nicht mit heroischen Tschingderassabum-Parolen, sondern mit einer Politik, die alle Bürger einbezieht. Auch die Islamisten.

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