Referendum:Ägypter stimmen mit breiter Mehrheit für neue Verfassung

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Die Volksbefragung gilt als wichtiger Stimmungstest für Armeechef al-Sisi: In Ägypten zeichnet sich eine überwältigende Zustimmung für die neue Verfassung ab. Der Entwurf stärkt Bürger- und Frauenrechte - aber auch das Militär.

Nachdem unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen am Mittwochabend der Volksentscheid über eine neue Verfassung in Ägypten beendet worden ist, zeichnet sich eine breite Zustimmung ab. Der Zuspruch dürfte bei 95 Prozent liegen, sagte ein Polizeisprecher dem Fernsehsender Al-Hayat. Das Auszählen dauere an.

An dem Referendum hätten sich mehr als 55 Prozent der Stimmberechtigten beteiligt, fügte er unter Verweis auf vorläufige Resultate hinzu. Die Annahme des Verfassungsentwurfs galt als sicher. Mit offiziellen Ergebnissen wird spätestens in drei Tagen gerechnet.

Die Übergangsregierung erhofft sich durch eine hohe Referendumsbeteiligung eine Stärkung ihrer Legitimität. Das umstrittene neue Grundgesetz enthält Fortschritte bei Bürger- und Frauenrechten, stärkt aber aber auch die Sonderstellung und den politischen Einfluss der Armee.

Rückkehr zur Normalität

Die Volksbefragung ist ein wichtiger Stimmungstest für Armeechef al-Sisi. Der Vizeministerpräsident und Verteidigungsminister ist seit der Entmachtung Mursis Anfang Juli der starke Mann Ägyptens. Er hat angekündigt, für die Präsidentenwahl zu kandidieren, wenn "das Volk dies will". Das Referendum soll nach den Worten von Interimspräsident Adli Mansur auch den Weg für Parlaments- und Präsidentschaftswahlen bereiten und so ein halbes Jahr nach dem Sturz Mursis die Rückkehr zur politischen Normalität ermöglichen.

Die Anhänger Mursis lehnen die Verfassung jedoch ab und hatten zum Boykott des Referendums aufgerufen. Bei Protesten gegen die Volksabstimmung waren am Dienstag neun Menschen getötet worden, landesweit gab es bis zum Mittwochabend mehr als 350 Festnahmen. "Wir haben den Muslimbrüdern vertraut und ihre Verfassung akzeptiert, ihre Regierung und ihr Parlament (...), aber sie haben uns getäuscht", sagte eine Ägypterin, während sie in Kairo vor einem Wahllokal wartete. "Jetzt stimmen wir für diese Verfassung, um aus der Krise zu kommen."

Der neue Entwurf basiert auf der im Dezember 2012 verabschiedeten Verfassung, die die Handschrift der islamistischen Muslimbruderschaft trug. Formuliert wurde der überarbeitete Text von Regierungsvertretern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

© dpa/AFP/kfu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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