Rede bei der UN-Vollversammlung:Obama vertröstet die Palästinenser

"Frieden ist harte Arbeit": US-Präsident Obama hat vor der UN-Vollversammlung an die Palästinenser appelliert, ihren Antrag auf Aufnahme als Vollmitglied zurückzuziehen. Nur direkte Verhandlungen zwischen Israel und Palästinensern könnten eine dauerhafte Lösung für den Nahen Osten bringen. Zwar wird Obamas Rede kaum mehr Einfluss auf Palästinenser-Präsident Abbas haben, um ein Veto könnte der US-Präsident aber dennoch herumkommen.

Daniel Brössler, New York

In einem dramatischen Appell hat US-Präsident Barack Obama versucht, die Palästinenser doch noch von einem Antrag auf Aufnahme in die Vereinten Nationen abzubringen. "Es gibt keine Abkürzungen zur Beilegung eines Konflikts, der seit Jahrzehnten andauert", sagte er am Mittwoch vor der UN-Vollversammlung in New York. Frieden und einen Staat Palästina werde es nur durch direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern geben.

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Frieden im Nahen Osten könne es nur durch Verhandlungen geben, nicht durch andere "Abkürzungen": US-Präsident Obama hat mit einer dramatischen Rede versucht, die Palästienser von einem Antrag auf Aufnahme in die Vereinten Nationen abzubringen.

(Foto: AFP)

Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hatte angekündigt, am Freitag die Aufnahme seines Landes in die Vereinten Nationen beantragen zu wollen. Dabei beruft er sich auf Erwartungen, die Obama vergangenes Jahr bei seiner Rede vor den Vereinten Nationen geweckt hatte. Der US-Präsident hatte die Hoffnung geäußert, dass binnen Jahresfrist ein Abkommen geschlossen werde, das den Weg ebnen solle für "ein neues Mitglied der Vereinten Nationen, einen unabhängigen, souveränen Staat Palästina, der in Frieden mit Israel lebt".

Obama nahm am Mittwoch Bezug auf diese Worte. "Ich habe damals geglaubt und ich glaube es auch heute noch, dass das palästinensische Volk einen eigenen Staat verdient", sagte er. Bisher sei es aber nicht gelungen, die Kluft zwischen Palästinensern und Israelis zu überbrücken. "Ich weiß, dass viele frustriert sind über den fehlenden Fortschritt. Ich bin es auch", versicherte er. Beide Seiten hätten legitime Forderungen. "Frieden ist harte Arbeit", sagte Obama.

Druck von den Republikanern

Der Präsident betonte Israels Anspruch auf Sicherheit in einem feindlich gesinnten Umfeld. Er steht in der Palästina-Frage unter erheblichem innenpolitischen Druck. Seine möglichen republikanischen Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr griffen ihn vor seiner Rede bei den Vereinten Nationen scharf an. Als "naiv, arrogant, fehlgeleitet und gefährlich" bezeichnete der Gouverneur von Texas, Rick Perry, Obamas Nahost-Politik. Er gilt derzeit als besonders aussichtsreicher Anwärter auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur. Auch der Ex-Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, sprach von einem "vollständigen diplomatischen Desaster".

Mit Spannung und Sorge wurden die für Freitag angesetzten Reden von Abbas und Israels Premier Benjamin Netanjahu vor der UN-Generalversammlung erwartet. In getrennten Treffen wollte Obama am Mittwoch versuchen, auf beide Politiker noch einmal Einfluss zu nehmen. Es galt aber als nicht sehr wahrscheinlich, dass es Obama gelingen könnte, Abbas von seinem Vorhaben abzubringen, am Freitag in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Aufnahme in die Vereinten Nationen zu beantragen. Der Sicherheitsrat müsste sich dann mit diesem Antrag befassen, hat aber die Möglichkeit, dies lang hinauszuzögern. Auf diese Weise könnte es Obama zunächst erspart bleiben, den Antrag durch ein US-Veto zum Scheitern zu bringen, was eine neue anti-amerikanische Welle in der islamischen Welt auslösen könnte.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sprach sich dafür aus, Palästina zunächst den Status eines permanenten Beobachterstaates zuzubilligen. "Das wäre ein wichtiger Schritt vorwärts", sagte er. Entscheiden könnte dies die UN-Vollversammlung. Eine Zustimmung des Sicherheitsrates wäre nicht nötig. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die Rede des amerikanischen Präsidenten als "klares Bekenntnis zu einer Zwei-Staaten-Lösung". Auch Deutschland sei der Auffassung, dass diese nur durch Verhandlungen zu erreichen sei.

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