Redaktionsblog:Auf dem Weg zu den Nachrichtenformaten der Zukunft

Newsblog, Liveblog, kuratierte Nachrichten: Der Online-Journalismus ändert sich und Süddeutsche.de will dieser Tatsache Rechnung tragen. Ein Überblick über die neuen Formate, die wir künftig mit Ihnen gemeinsam weiterentwickeln möchten.

Von Gökalp Babayigit und Johannes Kuhn

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

"Die nachrichtliche Berichterstattung altert massiv", stellte jüngst der französische Medienjournalist Frédéric Filloux fest und erhielt dafür große Aufmerksamkeit. Seine Argumente, wirkungsvoll in ein Plädoyer für "eine neue Ära des digitalen Journalismus" verpackt, sind nachvollziehbar: Das Festhalten an Formalismen, mangelnde Rücksicht auf das Zeitbudget des Lesers und das Fehlen persönlicher Bindungen würden klassische Medienmarken im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit immer weiter zurückfallen lassen, so Filloux.

Was also kann eine Redaktion wie Süddeutsche.de tun, um diesem Alterungsprozess zu entgehen, ohne gleichzeitig selbst gesteckte Ansprüche zu unterlaufen? An dieser Stelle wollen wir einen kleinen Einblick in unsere Gedanken und die Formate bieten, die sich aus diesen entwickelt haben. Vieles, was Sie sehen, finden Sie bereits jetzt auf der Seite - und der Anteil wird deutlich wachsen.

Mehr als 150 Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung sind inzwischen bei Twitter zu finden. Der schnelle Austausch von Informationen dort ist längst zu einem wichtigen Werkzeug geworden, um Themen zu finden und den Dialog mit jenen Menschen zu pflegen, die uns lesen. Soziale Medien haben nicht nur den Verbreitungsweg von Nachrichten verändert, sondern auch unseren Umgang mit ihnen.

Diese Erkenntnis prägt schon seit Langem die Überlegungen bei der Weiterentwicklung unserer Seite. Leser schätzen uns für Autoren- und Hintergrundstücke, für Videos und interaktive Grafiken und auch für Nachrichten. Doch gerade im Bereich der tagesaktuellen Berichterstattung ist es schwer, sich von anderen zu unterscheiden. Recherchieren, das Zwei-Quellen-Prinzip beherzigen, selbst den Kontext liefern: Das alles gehört zur Qualitätssicherung.

In den vergangenen zwölf bis 18 Monaten wurde uns immer klarer, dass zu modernen Nachrichten auch eine andere Komponente gehört: Der Journalist ist nicht mehr nur Produzent, sondern auch Kurator. Ein Hinweis auf ein bewegendes Video bei YouTube, auf eine spannende Recherche der New York Times, auf ein bemerkenswertes Meinungsstück bei Zeit Online: Das alles soll eben nicht mehr nur bei Twitter geschehen, sondern auch auf unserer eigenen Seite - und zwar ehrlich: mit Links, Zitaten, Multimedia-Elementen, eigenen Analysen und weiteren Recherchen zu Hintergründen.

In Zukunft werden Sie in unserem Newsblog häufiger Artikel finden, die zunächst der bisherigen Lesegewohnheit zuwiderzulaufen scheinen: weil sie Elemente jenseits des klassischen Textes enthalten, weil sie den Weg zu den besten Quellen im Netz zeigen. Das mag mit altbewährten Meldungen auf den ersten Blick nur wenig zu tun haben, in Wahrheit ist es eine Weiterentwicklung nach dem bekannten Motto "Do what you do best and link to the rest".

Wir verstehen dabei unseren Newsblog auch als Startpunkt für die Berichterstattung: Welche Reaktionen ruft die Nachricht hervor? Was sind unsere Rechercheergebnisse zum Thema? Welche berichtenswerten Aspekte kristallisieren sich heraus? Was im Englischen als "Developing News" bezeichnet wird, soll bei uns im Newsblog stehen: die Entwicklung einer Nachricht in all ihren Facetten, der Verlauf der verschiedenen Haupt- und Nebenaspekte, die besten Links, Tweets und Posts zum Thema - und die kompetente Analyse. Kurz gesagt: Mit unserem Newsblog wollen wir stets am Puls einer Geschichte sein.

Das gilt natürlich auch für unsere Live-Berichterstattung. Ob ein Parteitag, ein Großereignis in München oder ein Champions-League-Spiel: Unsere Reporter berichten häufig direkt vom Ort und in Echtzeit, das Werkzeug Scribble Live macht es möglich. Dabei geht es darum, trotz aller Hektik des Live-Betriebs dem Leser nicht nur das aktuelle Geschehen zu schildern, sondern auch Hintergrundwissen zu vermitteln, das Gesagte und Gesehene einzuschätzen. Trotz der hohen Geschwindigkeit lautet auch hier wie immer die Regel: Qualität geht vor Schnelligkeit.

Die hier vorgestellten Formate werden Sie künftig noch häufiger auf unserer Seite sehen. Wir experimentieren noch, nicht alles wird perfekt sein. Sie sind deshalb herzlich eingeladen, genau wie unsere Redaktion darüber zu diskutieren und mitzuhelfen, sie so gut und leserfreundlich wie möglich zu machen. Schreiben Sie einen Kommentar, twittern Sie uns an, hinterlassen Sie eine Facebook-Botschaft oder schicken Sie uns eine Mail! Wir freuen uns auf Ihr Feedback - und darauf, mit Ihnen gemeinsam die Nachrichten noch besser zu machen.

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