Terrorprozess:Die Staatsfeindin und ihre Freunde

Eine "von nationalsozialistischen und rassistischen Überzeugungen geprägte Ideologie", erkennt der Staatsanwalt bei der anklagten Susanne G..

Eine "von nationalsozialistischen und rassistischen Überzeugungen geprägte Ideologie", erkennt der Staatsanwalt bei der angeklagten Susanne G. (ihr Gesicht ist auf Wunsch des Anwalts unkenntlich).

(Foto: Sven Hoppe/DPA)

Susanne G. ist angeklagt, weil sie eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben soll. Ihre Gesinnungsgenossen lassen sie vor Gericht nicht allein.

Von Annette Ramelsberger, München

Da kommt sie nun herein die Angeklagte, eine zierliche Frau von 55 Jahren, höchstens 1,60 Meter groß, mit schulterlangen, grauen Haaren. Sie blickt sich aufmerksam um im Saal des Oberlandesgerichts München. Dann fällt ihr Blick auf den Mann im blauen Hoodie ganz hinten im Saal, es ist der Vorsitzende der rechtsextremistischen Partei "Der III. Weg", einer revolutionären Kleinstpartei, der selbst die NPD zu gemäßigt ist: Klaus Armstroff, 64. Mit ihm soll sie noch vergangenen Sommer bei einem Schießtraining in Tschechien gewesen sein. Susanne G. sucht immer wieder seinen Blick. Mit ihm verbindet sie auf jeden Fall die Ideologie.

Die Bundesanwaltschaft hält Susanne G. für eine Staatsfeindin - nicht zufällig. Man kann es im Gerichtssaal nicht sehen, aber unter ihrem weißen T-Shirt hat sie die Worte "Staatsfeind" auf die Brust tätowiert, umrahmt von zwei Maschinenpistolen. "Die Angeklagte vertritt eine von nationalsozialistischen und rassistischen Überzeugungen geprägte Ideologie", sagt Staatsanwalt David Rademacher zum Auftakt. "Der Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland steht sie feindlich gegenüber. Personen ausländischer Herkunft, Juden und Muslime lehnt sie ab." Aus dieser Ideologie heraus habe Susanne G. sechs Briefe verschickt, in denen sie Menschen mit dem Tod drohte, beigelegt waren scharfe Patronen. Und sie habe, so die Bundesanwaltschaft, einen Brandanschlag auf diese Menschen vorbereitet. Er habe kurz bevorgestanden.

Es waren perfide Drohungen. Dem Landrat des Landkreises Nürnberger Land Armin Kroder erreichte zum Beispiel eine Beileidskarte mit seinem eigenen Geburtsdatum. Daneben das Sterbedatum - offengelassen und mit Fragezeichen versehen. "Erschossen auf der Terrasse" seines Hauses, stand da. Eine Anspielung auf die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen Neonazi auf seiner Terrasse.

Harald Straßner vertritt den Landrat. Die Familie sei noch immer erschüttert, sagt er. Jedes Mal, wenn sie den Briefkasten öffne, sei da dieser Argwohn. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Landrat möglicherweise auch Ziel des geplanten Brandanschlags sein sollte. Bei der Festnahme von Susanne G. wurden ein Kanister mit zehn Litern Benzin, Feuerwerkskörper, Zündschnur, Hammer und schusssichere Weste gefunden. Alles, was man für einen Einbruch und einen Anschlag braucht. Anwalt Straßner sagt, es handele sich hier "nicht um eine Einzeltäter-Geschichte. Die Gefährdung besteht nach wie vor massiv."

Auch der Bürgermeister der fränkischen Gemeinde Schnaittach erhielt Drohschreiben. Ihn spähte Susanne G. laut Anklage bis zu seinem Privathaus aus und schickte ihm einen Brief samt Patrone als "Letzte Warnung". Sein Anwalt Maximilian Bär lässt seinen Blick über die Unterstützter von Susanne G. im Saal gleiten: "Das Neonazi-Netzwerk rund um Susanne G. besteht unverändert weiter", sagt Bär. "Es ist bezeichnend, dass sich der Vorsitzende der Partei 'Der III. Weg' beim Prozessauftakt zeigt."

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass sich Susanne G. Anregungen für ihren geplanten Anschlag auch aus dem Buch "Die Autobombe: Kenne Deinen Gegner" geholt hat. Sie habe sich für eine sogenannte Benzinhandbombe entschieden. Der Brandsatz hätte einen massiven und großflächigen Brand hervorgerufen, erklärte Staatsanwalt Rademacher. Der Anschlag sollte sich laut Anklage entweder gegen Repräsentanten der Bundesrepublik oder gegen Muslime richten. Susanne G. hatte sich bereits über die Gebetszeiten in den Moscheen im Umkreis von Nürnberg informiert. Auf ihrem Handy wurde das Mordvideo des Attentäters von Christchurch in Neuseeland gefunden, der dort 51 Muslime getötet hatte.

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