Rechtsterrorismus:Er soll gesagt haben: "Ich habe die Kanaken in die Luft gejagt"

Lesezeit: 2 min

  • Im Wehrhahn-Prozess sagt ein Zeuge vor Gericht aus, Ralf S. habe ihm gegenüber den Anschlag zugegeben.
  • Im Juni 2000 war in Düsseldorf-Wehrhahn eine Bombe explodiert, viele meist jüdische Sprachschüler wurden verletzt, eine Mutter verlor ihr ungeborenes Kind.
  • S. unterhielt Kontakte ins rechtsextreme Milieu.

Von Joachim Käppner, Düsseldorf

Im Verfahren um den Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn im Jahr 2000 hat ein Zeuge den Angeklagten Ralf S. schwer belastet. Der ehemalige Mithäftling sagte, S. habe ihm 2014 gesagt, "dass er es gewesen ist". S. habe ihm "die Tat so geschildert, dass er die Bombe gebaut und zur Explosion gebracht hat". Die Aussage ist von erheblicher Bedeutung für das Verfahren, weil der Zeuge sich vor vier Jahren an die Behörden gewandt und sie über S.' Aussage informiert hatte. S. wurde daraufhin festgenommen. Dem heute 51 Jahre alten Angeklagten wird zwölffacher Mordversuch aus Fremdenhass vorgeworfen.

Bei der Explosion am 17. Juni 2000 waren mehrere Menschen schwer verletzt worden, eine junge Frau verlor ihr ungeborenes Kind. Die Opfer waren überwiegend jüdische Sprachschüler aus Russland. Der brutale Anschlag hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst und wurde schon damals als möglicher rechtsradikaler Terrorakt eingestuft.

"Ich habe die Kanaken in meinem Viertel in die Luft gejagt", soll Ralf S. gesagt haben

Bereits kurz nach der Tat hatte die Polizei Ralf S. verdächtigt, einen privaten Sicherheitsmann, der einen Military-Laden nahe dem Tatort betrieb und Kontakte in die rechtsextreme Szene hatte. Der Verdacht ließ sich aber nicht erhärten. 2014 saß S. wegen nicht bezahlter Schulden in Castrop-Rauxel in Haft und lernte dort den Zeugen kennen. Als ehemalige Zeitsoldaten fanden sie bald Zugang zueinander und freundeten sich an. Sie hielten engen Kontakt, bis S., so sagt der Zeuge, ihm wie beiläufig wörtlich mitgeteilt habe: "Ich habe die Kanaken in meinem Viertel in die Luft gejagt."

Der Zeuge informierte 2014 die Gefängnisleitung, dass S. ihm einen Sprengstoffanschlag gestanden habe. Bei der Polizei sagte er aus, er sei von S.' Aussage "schockiert" gewesen und habe sich aus Gewissensgründen an die Behörden gewandt. Erst dann habe er erfahren, um welches Verbrechen es sich gehandelt habe. Die Verteidigung bezweifelt diese Version. S. streitet seit Prozessbeginn jede Beteiligung an der Tat ab.

Dem Zeugen zufolge hat sich S. im Gefängnis "mit Fäkalausdrücken" über Ausländer geäußert und behauptet, seine Sicherheitsfirma sei beim Schutz von Handelsschiffen auf gefährlichen Seewegen aktiv. S. habe ihm sogar einen Job in der Firma angeboten, sagte der Zeuge. Er habe S. diese Geschichten nicht geglaubt, worauf dieser geprahlt habe, er habe in Düsseldorf "ein paar erwischt". Der Zeuge sagte, er habe daraufhin Kontakt zu S. vermieden.

In der Befragung durch die Verteidigung verwickelte sich der Zeuge allerdings teilweise in Widersprüche. Offensichtlich hatte er 2015 doch wieder Kontakt zu S. aufgenommen, obwohl er doch von dessen Aussagen und rechter Gesinnung abgestoßen gewesen sein wollte. Er räumte ein, er habe Hoffnung gehegt, S. könne ihm einen lukrativen Job im Security-Gewerbe vermitteln: "Ich war in Not."

Eine Justizangestellte, welcher der Zeuge damals S.' Selbstbezichtigung, die Bombe gezündet zu haben, zuerst mitgeteilt haben will, trug nicht zur Aufklärung bei: Sie konnte sich am Donnerstag nicht an Details erinnern. Das Verfahren wird voraussichtlich bis in die Sommermonate dauern.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Terror
:"Da schau her, der Nazi"

Am Düsseldorfer Landgericht beginnt der Prozess zum Anschlag von Wehrhahn im Jahr 2000. Zwölf Menschen wurden damals verletzt. Der Angeklagte beschreibt sich als verfolgte Unschuld und liefert für alles Erklärungen.

Aus dem Gericht von Joachim Käppner und Hans Leyendecker

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: