Rechtspopulisten im Kampf gegen Islam:Der perfekte Feind

Die nationalistischen Parteien Europas haben einen gemeinsamer Nenner: ihre antimuslimische Einstellung. Zusammen kämpfen sie gegen den Bau von Moscheen.

Marc Felix Serrao

Wenn es stimmt, dass Politik leicht verständliche Botschaften braucht, dann ist "pro Köln" auf einem guten Weg. "Nein zur Islamisierung! Nein zur Kölner Großmoschee!" Mit solchen Parolen will die selbsternannte "Bürgerbewegung" in den nächsten zwei Tagen über die vermeintlichen Gefahren des Islams in Europa aufklären. "Anti-Islamisierungskongress" heißt das, was an diesem Freitag in der Fußgängerzone von Leverkusen-Wiesdorf beginnen und Samstag am Kölner Heumarkt in einer Großkundgebung gipfeln soll. Das Ganze wäre nicht weiter der Rede wert, wenn dahinter nicht ein Trend stünde, der weit über das Getöse von ein paar Kommunalpolitikern hinausgeht.

Rechtspopulisten im Kampf gegen Islam: Mitglieder der rechten Organisation "Pro Köln" protestieren in Köln gegen den Bau der Groß-Moschee. Nationalisten aus ganz Europa sind gegen den muslimischen Einfluss.

Mitglieder der rechten Organisation "Pro Köln" protestieren in Köln gegen den Bau der Groß-Moschee. Nationalisten aus ganz Europa sind gegen den muslimischen Einfluss.

(Foto: Foto: ddp)

Die größte Reisegruppe erwarte er aus Belgien, schwärmte der "pro Köln"-Vorsitzende Markus Beisicht Mitte der Woche. Mehr als 500 Mitglieder der belgischen Partei Vlaams Belang würden zum Treffen kommen, unter anderem ihr Fraktionschef Filip Dewinter. Auch FPÖ (Österreich), Lega Nord (Italien) und Front National (Frankreich) haben sich angekündigt. Wenn die 1500 erwarteten Teilnehmer wirklich alle nach Köln kommen, dann wäre es das größte rechtspopulistische Gipfeltreffen seit langem.

Was ist da los?

Auf den ersten Blick geht es nur um ein Gebetshaus. Ende August hat der Kölner Stadtrat den Weg geebnet für den Bau der Zentralmoschee der "Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion" (Ditib); das ist ein Verband mit bundesweit 880 Gemeinden, welcher der türkischen Religionsbehörde untersteht. Es wird, das steht fest, ein gewaltiges Gebäude sein: Das Modell des Architekturbüros Paul Böhm sieht einen Komplex vor, dessen Gebetsraum sich aus schalenartigen Wänden zusammensetzt, die in der Mitte eine 35 Meter hohe Kuppel bilden. Flankiert wird er von zwei 55 Meter hohen Minaretten. 2010 soll die Moschee im Stadtteil Ehrenfeld eröffnet werden.

Die Protestplakate und T-Shirts von "pro Köln" zeigen eine Comic-Moschee, die von einem dicken, roten Balken durchstrichen ist. Es ist ein politisches Symbol, das plumper nicht sein könnte - aber eines, auf dass sich Europas notorisch zerstrittene rechte bis rechtsradikale Politiker einigen können.

"Wir lehnen das Errichten von Symbolen eines fremden Herrschaftsanspruchs über unsere Heimat unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit und von politisch-religiösen Siegeszeichen wie Minaretten ab." So steht es im Wahlprogramm der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ); nach dem Ende der großen Koalition hofft die Partei, die Zahl ihrer Nationalratsmandate (derzeit 21) am 28. September deutlich zu steigern. Die Idee, nicht gleich die ganze Moschee, sondern nur ihre Türme abzulehnen, hat sich die FPÖ im westlichen Nachbarland abgeguckt.

Die rechte Schweizerische Volkspartei (SVP) wettert dort schon lange gegen Minarette als "Ausdruck eines religiös-politischen Machtanspruchs". Nach der SVP fordert nun auch die FPÖ, ihren Bau qua Verfassung zu verbieten. Wer behauptet, die beiden Parteien seien islamfeindlich, dem halten sie entgegen, dass es ihnen nur um die Minarette gehe.

Mit Geschick moderat rechts

Europas Nationalisten haben lange nach einem gemeinsamen Thema gesucht. Zwar gibt es strategische Schnittmengen, etwa die immer gleichen Polemiken gegen die "politische Klasse" oder die "gleichgeschaltete Presse". Doch inhaltlich trennt die Parteien vieles, angefangen mit ihrem Staatsbegriff. Gruppen wie der flämische Vlaams Belang ("Eigen volk eerst") und die Lega Nord (vollständig: Nordliga für die Unabhängigkeit Padaniens) kämpfen für die Autonomie ihrer Regionen. Andere, wie Front National ("Préférence nationale"), SVP oder FPÖ, treten für den homogenen Nationalstaat alter Prägung ein.

Darüber hinaus stand einer echten Allianz immer wieder auch die wechselseitige Fremdenfeindlichkeit im Weg. Als vergangenes Jahr rechte Parteien aus sieben Ländern im EU-Parlament die Fraktion "Identität, Tradition, Souveränität" gründeten, flog diese schon nach wenigen Monaten wieder auseinander. Der Auslöser waren die ständigen Anfeindungen der Italienerin Alessandra Mussolini gegen Rumänien. Als die fünf Abgeordneten der "Großrumänien-Partei" die Fraktion wutentbrannt verließen, musste sich diese wegen Mitgliedermangels auflösen.

Der perfekte Feind

Doch der Krawall wird seltener. Moderne Rechtspopulisten geben sich immer öfter und geschickter bürgernah und moderat. Man sei natürlich für Religionsfreiheit, liest und hört man überall. Die Argumentation geht so: Wer als Muslim im christlich geprägten Europa seine Religion ausüben will, soll das tun, aber bitte in der jeweiligen Landessprache, nach strenger Prüfung und so, dass sich die Mehrheit nie bedroht fühlt - andernfalls drohe Fremdenfeindlichkeit. Folgt man dieser Logik, dann ist nicht derjenige für den Konflikt verantwortlich, der die Weltreligion Islam als vordemokratische und gewalttätige Gefahr verunglimpft. Es ist die offene Gesellschaft selbst.

Ein alter Trick der Populisten ist es auch, so zu tun, als sprächen sie verbotene Wahrheiten aus. So behauptet "pro Köln" bis heute, "dass über die umstrittenen Kölner Groß-Moschee-Projekte nicht öffentlich diskutiert werden darf". Das Gegenteil ist wahr: Von Joachim Kardinal Meisner bis Günter Wallraff hat sich in Köln so ziemlich jeder zu dem Thema zu Wort gemeldet, der sich auch sonst gerne zu Wort meldet. Der Publizist Ralph Giordano hat den Bau sogar als "Angriff auf unsere demokratische Lebensform" bezeichnet. Gegen den Beifall von "pro Köln" wehrt er sich bis heute.

Der rechte Superheld

Einer, der den Kämpfer für die schweigende moral majority besonders erfolgreich mimt, ist Heinz-Christian Strache. Der FPÖ-Vorsitzende wird in Köln wegen des heimischen Wahlkampfes nicht auftreten, will sich aber per Videobotschaft zu Wort melden. "HC", wie er sich selber nennt, ist 39 Jahre jung und hat eine Gesichtsbräune, die stets so wirkt, als käme er frisch vom Skilift. Auf seiner Homepage bezeichnet er sich als Fan von Helmut Schmidt ("Ein Sozialdemokrat, von dem sich die Genossen hierzulande ein Scheibchen abschneiden könnten") und fordert mit Che-Guevara-Käppi auf dem Kopf zum Download des "Viva HC Raps" auf.

Wer ein bisschen sucht, findet aber auch auf dieser lustigen, bunten Seite noch die angebräunten Ressentiments von früher. "HC-Man" heißt ein Comic, der SPÖ-Politiker zeigt, wie sie einer Gruppe schemenhafter Schnurrbartträger das Wahlrecht anbieten. "Ihr müsst nix können Deutsch", sagen sie. "Ihr müsst nur machen bei SPÖ Kreuz." Dann kommt ein Muskelmann (HC-Man) angeflogen und ruft: "Nicht mit uns!"

Wie schlagkräftig die aktuelle Allianz der europäischen Nationalisten ist, wird der Kölner Kongress zeigen. Wenn es nach dem in diesen Kreisen hochgeschätzten politischen Philosophen Carl Schmitt ginge, dann wäre die umstrittene Moschee in Ehrenfeld für sie schon heute ein Geschenk - weil sie das repräsentiert, was ihre politische Gemeinschaft erst möglich macht: einen gemeinsamen Feind.

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