Champagner in Strömen, Schlemmer-Menüs und teure Weihnachtsgeschenke an die Mitarbeiter: Die Spesenabrechnung einer rechtspopulistischen Fraktion im Europäischen Parlament für das Jahr 2016 ist so hoch, dass die Fraktion nun Stellung nehmen muss.
Die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) müsse zu den Vorwürfen des Haushaltskontrollausschusses über die regelwidrige Ausgabe von mehr als 427 000 Euro Stellung nehmen. Das beschlossen am Montagabend in Straßburg Parlamentspräsident Antonio Tajani und seine 14 Stellvertreter im Präsidium.
Arbeitsplatz EU:"Ich bin Europäer"
Europa in der Krise? Nicht in seinem Herzen. Die beste Hoffnung des Kontinents versteckt sich hinter den Fassaden der EU. Ein Besuch bei den jungen Begeisterten in der Brüsseler Blase.
Zu der heute 36 Mitglieder umfassenden Rechtsaußen-Fraktion gehören unter anderem Abgeordnete des französischen Front National (FN), der in Österreich mitregierenden FPÖ, der italienienischen Lega, der Freiheitspartei (PVV) des Niederländers Geert Wilders sowie als einziger Deutscher der frühere AfD-Politiker Marcus Pretzell, heute für die Partei "Die Blauen".
Die Spesenabrechnung der Fraktion war sowohl von externen Wirtschaftsprüfern als auch vom Haushaltskontrollausschuss des Parlaments beanstandet worden. Nach ihren Angaben hatte die mit damals 34 Mitgliedern kleinste Fraktion im Jahr 2016 nicht nur 234 Flaschen Champagner abgerechnet - darunter einige zum Preis von 81 Euro -, sondern auch Schlemmer-Menüs, die pro Person 400 Euro kosteten, sowie teure Geschenke für Mitarbeiter.
Beanstandet wurde auch, dass für viele Ausgaben Belege fehlten und die Vorschriften für öffentliche Ausschreibungen nicht eingehalten wurden. Das Präsidium gebe der Fraktion nun eine "letzte Chance", zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, sagte eine Sprecherin der EU-Volksvertretung. Würden diese nicht entkräftet, werde das Parlament die beanstandete Summe von künftigen Zahlungen abziehen.
Das Europaparlament zahlt den Fraktionen pro Rechnungsjahr eine Pauschale, deren Höhe von der Mitgliederzahl abhängt. Damit sollen vor allem Kosten für Personal, Übersetzer, Bürobedarf, Telefon und Internet oder Fortbildungen gedeckt werden. Abrechnen können die Fraktionen auch Bewirtungskosten für ihre Mitglieder sowie Gäste, die sie zu politischen Meetings einladen.
Der Ko-Vorsitzende der ENF-Fraktion, Nicolas Bay, wies die Vorwürfe zurück. Seine Fraktion habe die Vorschriften keinesfalls "absichtlich missachtet", sagte der FN-Politiker. Das Problem liege bei der "Interpretation der Regeln für öffentliche Ausschreibungen".