„Sächsische Separatisten“:Acht mutmaßliche Rechtsterroristen festgenommen – darunter mehrere AfD-Politiker

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Die Festnahmen fanden unter anderem im Dresdner Stadtteil Cotta statt. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Die „Sächsischen Separatisten“ hätten Gebiete in Ostdeutschland mit Waffengewalt erobern wollen, teilt der Generalbundesanwalt mit. Unerwünschte Menschengruppen sollten dort notfalls durch ethnische Säuberungen entfernt werden.

Von Philipp Saul, Sebastian Erb, München/Berlin

Die Gruppe agierte sehr konspirativ, aber intern machte sie aus ihrer Gesinnung keinen Hehl. Sie nannte sich „Sächsische Separatisten“, so hat es der Generalbundesanwalt (GBA) ermittelt. Abkürzung: SS. Acht junge Männer, die dieser rechtsextremen terroristischen Vereinigung angehören sollen, hat der GBA am Dienstag festnehmen lassen. Unter ihnen sind nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR auch mehrere sächsische AfD-Politiker.

Die Gruppe sei eine „aus fünfzehn bis zwanzig Personen bestehende militante Gruppierung, deren Ideologie von rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt ist“, so der GBA. Ihre Mitglieder, teilweise noch im jugendlichen Alter, verbinde eine tiefe Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.

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Aus Sicht der „Sächsischen Separatisten“ stehe Deutschland außer Zweifel vor einem „Kollaps“ und werde an einem zeitlich noch unbestimmten „Tag X“ staatlich und gesellschaftlich zusammenbrechen. Bei dieser Gelegenheit wolle die Gruppierung mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu errichten. Unerwünschte Menschengruppen sollten notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernt werden.

Schatzmeister der sächsischen AfD-Jugend festgenommen

Spätestens im November 2020 hätten sich die „Sächsischen Separatisten“ gegründet, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Seitdem habe sich die Gruppierung „kontinuierlich auf den aus ihrer Sicht unausweichlichen Systemsturz“ vorbereitet. Ihre Mitglieder hätten wiederholt paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung absolviert. Nach Angaben der Behörde übten die mutmaßlichen Rechtsextremisten insbesondere den Häuserkampf, den Umgang mit Schusswaffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge. Überdies habe sich die Gruppierung militärische Ausrüstungsgegenstände beschafft, etwa Flecktarnanzüge, Gefechtshelme, Gasmasken und Schutzwesten.

Mindestens drei der Festgenommen haben nach Informationen von SZ, NDR und WDR einen Bezug zur AfD. Einer ist der sächsische AfD-Politiker Kurt H., der im Stadtrat von Grimma sitzt und laut Webseite dem AfD-Vorstand im Kreisverband des Landkreises Leipzig angehört. Seit Oktober ist er zudem Schatzmeister des sächsischen AfD-Jugendverbands Junge Alternative (JA).

Die Deutsche Presse-Agentur berichtet über offiziell noch unbestätigte Angaben aus Sicherheitskreisen, wonach der Mann bei der Razzia mit einer Langwaffe vor die Polizeibeamten getreten sei. Ein Beamter habe daraufhin zwei Warnschüsse abgegeben, hieß es. Der Beschuldigte habe einen Bruch am Kiefer erlitten und werde zur Stunde operiert. Wie es zu der Verletzung kam und weitere Details zu dem Zwischenfall sollen Zeugenvernehmungen klären.

Laut Sicherheitskreisen sind auch zwei weitere Mitglieder der Jungen Alternative unter den Festgenommenen, Kevin R. und Hans-Georg P. Letzterer saß ab Herbst 2021 zeitweise im Stadtbezirksrat Leipzig-Ost, entsandt durch die AfD. Kevin R. ist gemeinsam mit dem beschuldigten Grimmaer AfD-Stadtrat Kurt H. 2019 auf einer AfD-Veranstaltung in dessen Kreisverband Leipzig-Land aufgetreten. Am Volkstrauertag machten sie als Bläserduo Musik, wie einem Facebook-Post zu entnehmen ist. Die Verteidiger der Beschuldigten waren nicht zu erreichen. Die Junge Alternative prüfe nach eigenen Angaben noch, ob es einen Bezug zu Mitgliedern der JA gebe.

Die AfD ließ eine Anfrage unbeantwortet, ob es sich bei den Festgenommenen um Parteimitglieder handele. Von der mutmaßlichen Terrorgruppe distanzierte man sich. „Mit einer solchen mutmaßlich neonazistischen „Separatistengruppierung“ verbindet uns weder inhaltlich noch organisatorisch irgendetwas“, teilte die Pressestelle der Partei mit. „Sollten sich die Vorwürfe gegen Parteimitglieder bestätigen, wird ein unverzüglicher Ausschluss aus der AfD vollzogen werden.“

Bezug zur „Siege“-Ideologie

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz teilte mit, dass mehrere Akteure dem Verfassungsschutz aus anderen Zusammenhängen wie dem Spektrum der Neuen Rechten, rechtsextremistischen Parteien oder der Neonaziszene bekannt seien. „Bei zentralen Protagonisten dieser Gruppierung handelt es sich um teils sehr junge Rechtsextremisten, die Bezüge zu einer insbesondere im virtuellen Raum aktiven Szene aufweisen“, sagte Thomas Haldenwang.

Dabei geht es um die „Siege-Szene“. Der englische Begriff bedeutet Belagerung und bezieht sich auf eine Sammlung von Schriften des US-amerikanischen Rechtsextremisten James Nolan Mason aus den 1980ern. Darin finden sich Gedankenspiele hinsichtlich eines rassistisch-terroristischen Guerillakrieges, der sich primär gegen Infrastruktur und politische Führungspersonen richten soll, um die Gesellschaft in einen Rassenkrieg zu stürzen.

Dem Verfassungsschutz geriet nach Informationen aus Sicherheitskreisen zunächst der Rädelsführer der mutmaßlichen Vereinigung ins Blickfeld: Jörg S. Er wurde länger beobachtet. Auch dessen Bruder Jörn wurde nun festgenommen. Sein Name taucht auf einer Teilnehmerliste eines rechtsextremen Gedenkmarsches auf. Ihr Vater ist ein bekannter österreichischer Rechtsextremist aus dem Umfeld des Holocaust-Leugners Gottfried Küssel. Er führte in den Neunzigerjahren eine Neonazi-Kameradschaft im Bezirk Krems-Land an und war selbst schon Mitglied einer rechtsextremen paramilitärischen Gruppe und organisierte Wehrsportübungen.

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Die acht deutschen Staatsangehörigen seien am frühen Morgen an verschiedenen Orten in und um Leipzig, in Dresden, im sächsischen Landkreis Meißen sowie im polnischen Zgorzelec auf der Grundlage von Haftbefehlen in Gewahrsam genommen worden, teilte der Generalbundesanwalt mit. Sechs von ihnen wurden am Dienstag in U-Haft genommen. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe habe die Haftbefehle in Vollzug gesetzt, teilte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur mit. Die übrigen beiden Männer müssen demnach noch nach Karlsruhe gebracht werden.

Für die Festnahmen und Durchsuchungen an etwa 20 Orten in Deutschland seien rund 550 Polizeibeamte im Einsatz gewesen, darunter Spezialkräfte. Auch in Österreich gab es Durchsuchungen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Festnahmen einen „wichtigen Ermittlungserfolg“. Sie betonte: „Dass der Umgang mit Waffen trainiert und militärische Ausrüstung beschafft wurde, zeigt, wie gefährlich diese Rechtsextremisten sind.“

Die Ermittlungen richten sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft auch gegen weitere sieben Beschuldigte. Gegen die auf freiem Fuß Befindlichen bestehe der Verdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, in einem Fall gehe es um Unterstützung.

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