Rechtsextremismus:Patrioten besonderer Art

Ex-Biathlet Stitzl fordert Waffen zurück

Andreas Stitzl, bis 2018 Co-Trainer der deutschen Biathlon-Männer.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Vor dem Verwaltungsgericht München: Ein Biathlon-Trainer und ein Gebirgsschütze bestreiten, "Reichsbürger" zu sein und wollen ihre Waffen zurück. Mehr als 70 solcher Klagen gibt es derzeit allein in München.

Von Max Gilbert

"Jetzt werd' ich auch noch emotional." Die Stimme von Andreas Stitzl überschlägt sich fast. "Ich muss das in aller Entschiedenheit sagen, dass ich mich ganz klar und deutlich von der sogenannten Reichsbürger-Szene distanziere. Das gleiche trifft zu zum Rechtsradikalismus. Ich bin das nicht." Stitzl, 45, der frühere Assistenz-Trainer der Biathlon-Nationalmannschaft, kämpft vor dem Verwaltungsgericht München um sein Biathlon-Gewehr, seine Karriere und seinen Ruf.

Das Landratsamt Traunstein hat ihm die Waffenbesitzkarte abgenommen, weil es den Verdacht gibt, er könnte der "Reichsbürger"-Bewegung nahe stehen, die die Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht anerkennt. Es sei "erschreckend, dass ich mit den Vermutungen in Verbindung gebracht werde". Er sei vor allem in den Jahren 2014 bis 2018 mit der Nationalmannschaft ein "Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland definitiv gewesen". Er habe immer mit Freude die Nationalhymne gehört. Als Berufssoldat habe er außerdem einen Eid auf die Bundesrepublik geschworen. Er habe 2015 zwar - wie viele sogenannte Reichsbürger es tun - einen "Staatsangehörigkeits-Nachweis" beantragt, in Anlehnung an ein Gesetz aus dem Kaiserreich. Bei ihm sei das aus Sicherheitsgründen geschehen, weil er damals so oft im Ausland unterwegs gewesen sei. Und auch Angaben wie "Königreich Bayern" auf die Frage nach dem Geburtsland habe er nicht mit irgendwelchen Hintergedanken gemacht. Das Landratsamt Traunstein entzog Stitzl die Waffenbesitzkarte, weil er aus Sicht der Behörde "reichsbürgertypische Angaben" gemacht und die Behörde als privatwirtschaftliches Unternehmen bezeichnet hatte. "Ein schwieriger Fall", sagt Richter Florian Schlämmer am Mittwoch am Schluss eines langen Verhandlungstages. "Ein Berufssoldat, der hier so krasse Dinge unterschreibt" - das sei "schon eine Ansage". Das Urteil soll am Donnerstag bekannt gegeben werden.

Stitzl ist der wohl prominenteste Name in einer ganzen Reihe von Klägern, die sich dagegen wehren, dass sie wegen des Verdachts, "Reichsbürger" zu sein, ihre Waffen abgeben mussten. Allein am Verwaltungsgericht München waren etwa 70 solche Klagen anhängig. Am Vormittag verhandelte Schlämmer in der Sache von Martin Beilhack, des Hauptmanns der Waakirchner Gebirgsschützen. Ein ganz ähnlicher Fall. Nur ein großer "Schmarrn" sei das damals, 2015, gewesen, sagt Beilhack ihm - er meint seine "Anträge auf Staatsangehörigkeitsnachweis" , die Angabe von ebenfalls "Königreich Bayern" als Geburtsland damals sowie Aussagen, die er bei einer Waffenkontrolle machte. Diese hatten ebenfalls zum "Reichsbürger"-Verdacht geführt. 2017 bekam er deshalb Besuch von einem größeren Polizei-Aufgebot, seinen Jagdschein und 13 Waffen musste er abgeben. Beilhack, 63, erscheint vor Gericht in bayerischer Tracht, nennt sich selbst einen "Patrioten durch und durch" und sagt: "Ich bin weder Reichsbürger, noch stehe ich der Bewegung nahe". Er schildert alles nur als einen ärgerlichen Irrtum. Das sei alles nur "saublöd gelaufen", er habe sich über den großen Polizei-Einsatz geärgert. Er würde gerne wieder auf die Jagd gehen. Ein Urteil in seinem Fall steht noch nicht an, sein Verfahren wird nun bis Ende August schriftlich fortgesetzt. Richter Schlämmer sagt jedoch, wenn jemand den Anschein mache, "Reichsbürger" zu sein, müsse er diesen Vorwurf glaubhaft ausräumen können. Aber Beilhack habe "reichsbürgertypische Angaben" gemacht.

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