Rechtsextremismus:Lebenslange Haft für Lübcke-Mörder

Rechtsextremismus: Stephan Ernst am 14. Januar.

Stephan Ernst am 14. Januar.

(Foto: Boris Roessler/Pool/AFP)

Stephan Ernst hatte den Kasseler Regierungspräsidenten auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen. Die Richter stellten zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Der Mitangeklagte Markus H. erhält eine Bewährungsstrafe.

Wegen des Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt den Hauptangeklagten Stephan Ernst zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter stellten bei der Urteilsverkündung am Donnerstag zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen. Eine anschließende Sicherungsverwahrung behielt sich das Gericht vor. Der 47-Jährige bleibt weiterhin in Haft.

Die Geständnisse des Angeklagten haben sich dem OLG zufolge mildernd ausgewirkt. "Ich habe gesagt: Ein Geständnis wirkt sich perspektivisch immer zugunsten des Angeklagten aus", sagte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel. Das sei auch bei Ernst der Fall. Zwar habe das Gericht keinen Spielraum bei der Haftstrafe und der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gehabt. Aber Ernst habe nun die Möglichkeit, mit einem Aussteigerprogramm für Rechtsextreme zusammenzuarbeiten, Einfluss auf die mindestens zu verbüßende Strafe zu nehmen und Sicherungsverwahrung zu vermeiden.

Der Mitangeklagte Markus H. wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Diese lautet auf ein Jahr und sechs Monate wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Ursprünglich war der 44-Jährige wegen Beihilfe zum Mord angeklagt gewesen. Seit Juni vergangenen Jahres hatte der 5. Strafsenat des OLG Frankfurt gegen Ernst und Markus H. verhandelt.

Walter Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses erschossen worden. In seinem Urteil gegen Ernst folgt das Gericht im Wesentlichen dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft. Diese hatte Ernst vorgeworfen, Lübcke wegen dessen Einsatzes für Flüchtlinge aus rechtsradikaler, fremdenfeindlicher Gesinnung heraus ermordet zu haben. Sie forderte für Ernst eine lebenslange Haftstrafe, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sowie anschließende Sicherungsverwahrung. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Totschlag statt auf Mord und verwies zudem auf das Geständnis des Angeklagten. Ernst hatte allerdings mehrere unterschiedliche Versionen der Tat gestanden.

Vom zweiten Vorwurf des versuchten Mordes an dem Asylbewerber Ahmed I. wurde Ernst freigesprochen. Der Iraker war am 6. Januar 2016 in der Nähe von Ernsts Haus mit einem Messer angegriffen und niedergestochen worden.

Familie Lübckes sieht Markus H. als Mittäter

Sehr viel uneindeutiger stellte sich nach den Verhandlungstagen die Rolle des Mitangeklagten Markus H. dar. Die Bundesanwaltschaft warf ihm vor, Ernst bei der Tat geholfen zu haben, indem er ihn radikalisierte und mental unterstützte. Sie forderte für ihn eine Haftstrafe von neun Jahren und acht Monaten. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Freispruch, H. sei "unschuldig".

Der Nebenklagevertreter, der die Witwe und die beiden Söhne Lübckes in dem Prozess vertritt, hatte hingegen gefordert, auch H. solle als Mittäter wegen Mordes verurteilt werden. Die Hinterbliebenen Lübckes glauben der letzten Aussage Ernsts vor Gericht, auch H. sei mit am Tatort gewesen. H. äußerte sich nicht.

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