Ja, es war ein Sturm der Entrüstung, nachdem im Januar das Geheimtreffen von Potsdam mit den sogenannten Remigrationsplänen diverser Rechtsextremisten aufgedeckt worden war. Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße, um zu zeigen, dass sie derlei Wahnideen ablehnen und für eine offene Gesellschaft einstehen. Dieser Sturm der Entrüstung ist inzwischen merklich abgeflaut, die AfD feierte Wahlerfolge in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Aber das Rechercheteam von Correctiv hat inzwischen nicht nur ein Buch über das Potsdamer Treffen (Marcus Bensmann: Niemand kann sagen, er hätte es nicht gewusst. Die ungeheuerlichen Pläne der AfD, Galiani Berlin) veröffentlicht, nun legt das investigative Medienhaus ein weiteres Aufklärungswerk mit dem Titel „100 Karten über Rechtsextremismus“ vor.

Das Besondere an dem Buch ist die visuelle Umsetzung der düsteren Daten in quietschbunte Grafiken und Karten. Verantwortlich dafür ist der Katapult-Verlag, der seine Arbeitsweise so versteht: „Wissenschaft für alle verständlich machen und in originelle Karten übersetzen“. Das gelingt in vielen Fällen, beim Blättern gibt es immer wieder den berühmten Aha-Effekt, der bei durchgeschriebenen Analysen oft nicht entsteht. Leider sind die Grafiken in keinerlei ersichtlicher Ordnung sortiert, wild geht es durcheinander von Rechtsterror in der Bundesrepublik über Vernichtungsstätten des Holocaust, albanischen Nationalismus, Antisemitismus bei Sportveranstaltungen bis zur „Gruppe Nordkreuz“, die Todeslisten von Hunderten Menschen in Deutschland angefertigt hatte.
Auch ins Ausland geht der Blick zu den Demokratieverächtern
Trotzdem ist die Lektüre sehr zu empfehlen, auch für Jugendliche. Besonders auf den Deutschlandkarten sieht man schnell, wie weit vernetzt völkische Landnehmer, rechtsextremistische Verlage und Publikationen inzwischen sind und wie sie sich immer weiter ausbreiten. Auch Basis-Infos wie die Erklärung rechtsextremer Codes oder menschenverachtende Zitate von AfD-Politikern können helfen, sich der Gefahren bewusst zu werden. Jede Grafik oder Karte ist mit einem nüchternen, einordnenden Text versehen. Die Quellen muss man leider mühsam im Anhang suchen, vieles ist auch selbst recherchiert. Vielleicht hätten es auch nicht gleich 100 Karten sein müssen, einiges wirkt skurril, manches wiederholt sich.

Und: Immer wieder wird ersichtlich und auch angesprochen, wie wenig erforscht bisher viele Bereiche des Rechtsextremismus sind. Diese Lücken zu schließen, ist wichtig; dieses Buch hilft, die dunklen Seiten Deutschlands ans Licht zu zerren. Plakativ, fundiert und vor allem unverzagt.