Süddeutsche Zeitung

Rechtsextremismus:"100 vermummte Personen suchen Ausländer"

  • Zwei Männer müssen sich noch in dieser Woche vor Gericht verantworten, weil sie bei Demonstrationen in Chemnitz den Hitlergruß gezeigt haben sollen.
  • Ein gewalttätiger Demonstrant in Chemnitz soll Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma gewesen sein, berichtet das ZDF-Magazin "Frontal 21".
  • Die Polizei habe es am 27. August mit einer intensiven Bedrohungslage zu tun gehabt.

Zwölf Tage nach der gemeinsamen Demonstration von AfD, Pegida und Pro Chemnitz kommen erste Teilnehmer im Schnellverfahren vor Gericht. Am Donnerstag muss sich ein 33-Jähriger vor dem Amtsgericht Chemnitz wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten, wie das Gericht mitteilt. Der Mann soll bei der Kundgebung am 1. September in Chemnitz den Hitlergruß gezeigt haben. Einen Tag später steht ein 34-Jähriger wegen des gleichen Deliktes bei einer Demonstration am 27. August vor Gericht. Beide Angeklagten kommen aus Chemnitz.

Auch der sogenannte Trauermarsch in Köthen hat bereits zu zwölf Strafverfahren geführt. Der polizeiliche Staatsschutz ermittle unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung, teilen die Behörden mit. Nach der von der AfD angemeldeten Demonstration am Montagabend seien zudem vier Strafanzeigen gestellt worden. In Köthen war in der Nacht zum Sonntag ein 22-jähriger Deutscher nach einem Streit mit zwei Afghanen an Herzversagen gestorben. Am Sonntagabend hatten sich rund 2500 Menschen an einem "Trauermarsch" beteiligt, unter ihnen nach Angaben der Sicherheitsbehörden etwa 500 Rechtsextreme aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Thüringen.

Bei einer Demonstration in Halle wurde am Montagabend aus dem Protestzug heraus mehrfach der Hitlergruß gezeigt und von einigen der rund 450 Teilnehmer "Sieg Heil" gerufen, wie die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd mitteilte. Manche Demonstranten seien stark alkoholisiert gewesen und hätten Polizisten bespuckt.

"20 bis 30 vermummte Personen mit Steinen bewaffnet in Richtung Brühl, Gaststätte 'Schalom'"

Derweil berichtet das ZDF-Magazin "Frontal 21", dass ein Mann, der in Chemnitz aus einer spontanen Demonstration heraus ausländisch aussehende Menschen attackiert haben soll, Mitarbeiter einer bundesweit tätigen Sicherheitsfirma gewesen sei. Demnach bestätigte ein Sprecher des Unternehmens Securitas, dass Vorfall und Mitarbeiter dort bekannt seien. Schon Ende August habe man sich "mit sofortiger Wirkung von dem Mitarbeiter getrennt, weniger als zwölf Stunden, nachdem uns das Video bekannt wurde", wird der Sprecher zitiert.

Auf dem Video vom 26. August, dessen Echtheit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zunächst angezweifelt hatte, ist zu sehen, wie Männer hinter anderen Menschen herrennen. Dabei sind Rufe zu hören wie "Haut ab! Was ist denn, ihr Kanaken?" und "Ihr seid nicht willkommen!".

Aus einem internen Lagefilm der Polizei geht laut "Frontal 21" weiter hervor, dass es die Chemnitzer Polizei am 27. August mit einer intensiven Bedrohungslage zu tun hatte. Zwischen 21 und 22 Uhr habe es mehrfach Versuche rechtsgerichteter Gewalttäter gegeben, linke Demonstranten oder Ausländer zu attackieren. Um 21.42 Uhr heißt es in dem Bericht: "100 vermummte Personen (rechts) suchen Ausländer."

Für 21.47 Uhr vermeldet laut "Frontal 21" die Polizei: "20 bis 30 vermummte Personen mit Steinen bewaffnet in Richtung Brühl, Gaststätte 'Schalom'". Die angezeigte Attacke auf das jüdische Restaurant in Chemnitz hat bundesweit für Entsetzen gesorgt.

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