In den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind 364 Menschen beschäftigt, bei denen der Verfassungsschutz Anhaltspunkte für eine extrem rechte oder verschwörungsideologische Gesinnung sieht. Die meisten von ihnen (289) sind mutmaßliche Rechtsextremisten, 39 gelten als „Reichsbürger“, 18 als radikale Querdenker. Das geht aus einem neuen Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hervor, den die Behörde am Montag veröffentlichte. Bei der vorherigen Erhebung vor zwei Jahren hatte das BfV noch 327 mutmaßliche rechte Verfassungsfeinde im Visier.
„Extremisten haben in Sicherheitsbehörden nichts zu suchen“, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur Vorstellung des Berichts. Jeder Fall sei einer zu viel: „Die Integrität der Sicherheitsbehörden ist unbedingt zu schützen.“ Untersucht wurden für das Lagebild Meldungen von der Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt, dem Zoll und der Bundestagspolizei. Dazu kommen der Bundesnachrichtendienst, das BfV, der Militärische Abschirmdienst, die Bundeswehr insgesamt, ebenso wie die Landesverfassungsschutzämter und die Länderpolizeien – also jede und jeder, der in den operativen Behörden für die Sicherheit der Bundesrepublik sorgen soll, insgesamt knapp 690 000 Menschen.
Besonders häufig waren einschlägige Chats, rechtsradikale Gesänge oder Symbole
Erfasst sind in dem Lagebild alle Fälle aus diesen Behörden, zu denen zwischen Mitte 2021 und Ende 2022 dienst- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen wegen (Rechts-)Extremismusverdachts eingeleitet wurden – 739 an der Zahl. Bei knapp 500 davon stellten die Verfassungsschutzämter und der MAD – die ohnehin für die Sicherheitsüberprüfung von Beamten in kritischen Bereichen zuständig sind – schlussendlich keine konkreten Anhaltspunkte für Verfassungsfeindlichkeit fest.
Besonders häufig waren unter den Vorfällen, die eine Prüfung zur Folge hatten, einschlägige Chats respektive Social-Media-Posts, rechtsradikale Gesänge oder Symbole, entsprechende Beleidigungen oder Kontakte zu extremistischen Organisationen. Die meisten der 364 Fälle von Extremismus gab es in der Bundeswehr, nämlich 146. Gegen die im Bericht gezählten mutmaßliche Extremisten wurden insgesamt 435 Disziplinar- oder arbeitsrechtliche verfahren angestrengt, gegen manche Personen also gleich mehrere.
Newsletter:SZ am Morgen & Abend
Lassen Sie sich morgens von SZ-Autorinnen und -Autoren in den Tag begleiten - und gewinnen Sie abends rasch den Überblick über die Themen des Tages. Dazu präsentieren wir unsere besten Digital-Reportagen, Podcasts und Leseempfehlungen. In unserer ...
Etwa die Hälfte der im aktuellen Bericht aufgeführten Personalien sind Altfälle, die schon beim letzten Mal erfasst worden waren. Noch immer dauert es häufig Jahre, bis Beamte, obwohl sie als gesicherte Extremisten gelten, aus dem Staatsdienst entfernt sind. Deshalb hat die Bundesregierung das Disziplinarrecht verschärft, die Reform ist seit April dieses Jahres in Kraft. Seitdem können Behörden verbeamtete Extremisten per Verwaltungsakt aus dem Dienst entfernen, es braucht keine Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht mehr.