Rechtsextreme Hooligans:"Das Thema Salafismus ist nur vorgeschoben"

Hooligan-Demo gegen Salafisten

Bei der Aktion 'Gemeinsam gegen Salafismus' laufen Hooligans durch die Kölner Innenstadt.

(Foto: dpa)

Fan-Experte Michael Gabriel sieht viele Gemeinsamkeiten zwischen Hooligans und Rechtsextremisten. Die Ultras in den Fußballstadien nimmt er allerdings in Schutz.

Interview von Jannis Brühl

Michael Gabriel leitet die Koordinierungsstelle Fanprojekte in Frankfurt. Sein Team von Sozialarbeitern kennt die Fan-Szene genau.

SZ: Herr Gabriel, hat Sie die Gewalt in Köln am Sonntag überrascht?

Michael Gabriel: Nein. Es ist eine Entwicklung, die man in den sozialen Medien verfolgen konnte. In Netzwerken wurde gegen Salafisten gehetzt. Die treibenden Kräfte hinter dem Zusammenschluss gegen Salafisten sind alte Hooligangruppen, die Verantwortlichen bewegen sich im Alter von 35 bis 50. Diese Gruppierung vertritt eine klar rechte politische Agenda und die Leute haben keine Angst, sich auch öffentlich zu zeigen, und das über Vereinsgrenzen hinweg. Es gibt auch keine Berührungsängste zu existierenden rechtsextremen Strukturen. Auf den Demos laufen politische Kader mit. Bands wie "Kategorie C", die am Sonntag auftrat, stellen das Scharnier zwischen Hooligans und Nazis dar.

Dass Hooligans Lust auf Stress haben, dürfte wenige überraschen. Aber warum interessieren sich einige von ihnen plötzlich für Salafisten?

Rechte Hooligans gab es schon immer. Die versuchen jetzt, über ein Thema Anschluss an die Mehrheitsgesellschaft zu finden. Eine ähnliche Strategie benutzt die NPD ja beim Thema "Härtere Strafen für Kindesmissbrauch". Das zeigt, dass wir es mit einer gesellschaftspolitischen Fragestellung zu tun haben.

Diese rechte Kampagne kommt gar nicht aus den Stadien?

Nein, die Fankultur in den Stadien ist mittlerweile von den Ultras geprägt. Die stehen in vielen Teilen für eine bunte, lebendige Fankultur, und richten sich auch oft gegen Rassismus. Die Schickeria-Fans des FC Bayern haben ja erst den Julius-Hirsch-Preis des Deutschen-Fußball-Bundes bekommen, weil sie Kurt Landauer, den jüdischen ehemaligen Vereinspräsidenten, aus der Vergessenheit geholt haben. Es gibt noch Hooligans in den Stadien, aber die haben keine große Bedeutung mehr für die aktuelle Fankultur. Wir beobachten aber auch, dass alte Hooligan-Gruppen zum Beispiel in Aachen, Dortmund und Düsseldorf antirassistische Ultras angreifen. Wir glauben, dass das eine Parallele zu dem aufweist, was jetzt so massiv in Köln passiert ist. Das Thema Salafismus ist wohl nur vorgeschoben, es geht vielmehr darum, eine breite rechtsextreme Agenda gesellschaftlich durchzusetzen, auch in der Fankultur.

Was bedeutet denn die neue rechte Kampagne für die Arbeit von Fanprojekten?

Insbesondere für die Polizei und die Vereine, aber natürlich auch für die Fanbetreuung gilt es, genau hinzuschauen. Als etwa in Aachen oder Dortmund rechte Hooligans antirassistische Fangruppen im Stadion bedrohten, wurde die politische Dimension, also von wem die Bedrohung ausging und wer geschützt werden muss, nicht angemessen eingeschätzt. Daran müssen alle arbeiten.

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