Rechter Terror in Deutschland:Friedrich spricht von "kläglichem Versagen" der Behörden

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Gegen das Versagen des Verfassungsschutzes: Die Koalitionsfraktionen scheinen die Pläne von Innenminister Friedrich nicht zufriedenzustellen. Sie fordern einen Sonderermittler, der die Pannen bei der Fahndung nach dem Neonazi-Trio aufklären soll. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge hatte der Thüringer Verfassungsschutz mindestens drei V-Leute im Umfeld der Zwickauer Zelle geführt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangt als Konsequenz aus der Neonazi-Mordserie eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Es mache sie nachdenklich, dass die Suche nach den Tätern jahrelang erfolglos geblieben sei, sagte Merkel in ihrem am Samstag veröffentlichten neuen Video-Podcast. "Ich möchte nie wieder, dass ein Geheimdienst Vollzugsbefugnisse bekommt. Aber informieren müssen sich die Behörden natürlich untereinander. Hier werden wir genau hinschauen, ob wir etwas aus den Vorgängen lernen müssen", sagte Merkel.

Angesichts des Verdachtes, dass die drei Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Z. jahrelang quasi unter den Augen des Verfassungschutzes morden konnten, wird Ruf nach einem Sonderermittler laut. Union und SPD im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages erwägen laut Mitteldeutscher Zeitung, einen solchen Ermittler mit der Aufklärung der Pannen bei der Fahndung nach den flüchtigen Rechtsextremisten zu beauftragen.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) spricht sich auch die FDP-Bundestagsfraktion für einen solchen Berichterstatter aus. Grüne und Linke hatten vor einigen Tagen gefordert, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu prüfen.

Die Überlegungen in den Koalitionsfraktionen gelten auch als Ausdruck von Kritik an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Innenpolitiker von CDU und CSU hätten sich seit einer Woche bemüht, Friedrich die Dimension der Ereignisse zu vermitteln und ihn zu entschlossenem Handeln zu bewegen, schreibt die FAZ unter Berufung auf Abgeordnete.

Friedrich räumte unterdessen ein, es sehe so aus, "also ob einige Behörden kläglich versagt haben." "Keine Frage: Es wird der eine oder andere sich einer peinlichen Befragung unterziehen müssen. Wir werden sehen, was da auch an Strukturen falsch gelaufen ist und Konsequenzen ziehen", sagte er bei einem Auftritt vor der bayerischen Jungen Union. Einen kompletten Abzug der V-Leute aus der rechtsextremistischen Szene lehnte er strikt ab: "V-Leute sind unverzichtbar - das ist eine Wahrheit, die wir auch so erkennen sollten. Alles andere wäre sehr gefährlich".

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