Süddeutsche Zeitung

Rechte Szene:Drei Gewalttaten am Tag

Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten bleibt auch 2009 auf Rekordniveau. Viele davon zeichnen sich durch besondere Brutalität aus.

Jeden Tag werden in Deutschland nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) zwei bis drei rechtsextreme Gewalttaten verübt, jeden Monat etwa drei antisemitische Straftaten. "Es ist eine erschreckende Situation, vor der wir stehen", sagte BKA-Chef Jörg Ziercke bei der Präsentation neuer Zahlen zur rechtsextremen Gewalt.

Die Anzahl der rechtsextremistischen Straftaten liegt noch weit über der Zahl der Gewalttaten und erneut auf Rekordniveau. Im vergangenen Jahr war mit mehr als 20.000 Delikten der höchste Wert seit Einführung eines neuen Zählsystems 2001 erreicht worden.

Ziercke warnte Politiker davor, angesichts leerer öffentlicher Kassen bei Gegenmaßnahmen zu sparen. So müssten Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten weitergeführt werden. Nötig sei auch eine konsequente Strafverfolgung, sagte Ziercke. Die rechte Szene umfasse in Deutschland rund 30.000 Menschen, davon gelte etwa ein Drittel als gewaltbereit.

Nach seinen Worten zeichnet sich rechte Gewalt auch durch eine besondere Brutalität aus. Es gebe daher "besondere Gefahren für Leib und Leben" möglicher Opfer. Seit der Wiedervereinigung 1990 gab es 47 Mordopfer rechter Gewalt.

Rechte Gewaltdelikte würden überwiegend an Bahnhöfen oder anderen öffentlichen Plätzen verübt, erläuterte der BKA-Präsident. Häufig spiele Alkohol eine Rolle. Bei rechten Demonstrationen sei ein "gestiegenes Selbstbewusstsein" der Teilnehmer zu beobachten. Oft könne nur ein massives Polizeiaufgebot Zusammenstöße zwischen der rechten und linken Szene verhindern.

Die meisten rechtsmotivierten Straftaten werden - in Relation zur Einwohnerzahl - in den neuen Bundesländern verübt, in absoluten Zahlen gibt es in den alten Bundesländern mehr Vorfälle. Wahlerfolge der NPD könnten eine mobilisierende Wirkung auf die rechte Szene haben.

Dann sei auch mit mehr Zusammenstößen zwischen rechten und linken Gruppen zu rechnen, sagte Ziercke und bezog sich dabei auch auf eine neue Studie des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung. Das Institut hatte die NPD-Wahlmobilisierung und politisch motivierte Gewalt in Sachsen und Nordrhein-Westfalen untersucht.

Die Studie zeigt laut Ziercke unter anderem, dass Mehrfach- und Intensivtäter an einigen Brennpunkten rechter Gewalt eine wichtige Rolle spielen. Die Sicherheits- und Sozialbehörden müssten sich daher verstärkt auf diese Täter konzentrieren.

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AFP/dpa/bavo/woja
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