Rechte Gewalt:Gesellschaft sind alle

Es braucht wieder einen "Auftstand der Anständigen".

Von Cornelius Pollmer

Der von Gerhard Schröder einst angezettelte "Aufstand der Anständigen" hat eine bemerkenswerte Begriffskarriere hingelegt, noch heute blüht er dann und wann auf, an Häuserwänden und in Interviews. Mit seiner Forderung reagierte Schröder auf einen Brandanschlag, bei dem kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit die Synagoge in Düsseldorf leicht beschädigt wurde. In den Nachrichten hieß es in leuchtender Prosa der Zivilcourage: "Eine beherzte Anwohnerin hatte die Flammen ausgetreten."

16 Jahre später erlebte Deutschland kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit einen Anschlag auf eine Moschee in Dresden - leichte Sachbeschädigung. Deutschland erlebt auch sonst reihenweise Anschläge auf Asylunterkünfte, Abgeordnetenbüros, und so weiter, leider. Nicht immer gibt es beherzte Anwohner, oft bleiben die Anständigen in Deckung.

Das kann Betroffene ängstigen, verunsichern, ja, verzweifeln lassen. Und es sollte diejenigen schütteln, die mindestens ahnen, dass sie für mehr auf dieser Welt sind als die Maximierung des eigenen Freizeitwerts. Kein Staat, keine Polizei, kein furchtbar unterbezahlter Wachdienst wird alle Menschen und Sachen in diesem Land schützen können. Der überwiegende Schutz aller gelingt nur mit einer Gesellschaft der Beherzten, der Aufstehenden, der Anständigen. Und Gesellschaft sind nicht immer die anderen. Das darf man, so oft es geht, auch selbst sein.

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