Reality Show: "Sarah Palin's Alaska":Mama Grizzly pfeift auf Logik

Wer sich die Reality-Soap "Sarah Palin's Alaska" anschaut, muss viel Quietschen ertragen. Der Erkenntnisgewinn hingegen lässt sich reduzieren auf: Alaska ist schön. Und mit Babygittern verhütet es sich schlecht.

Barbara Vorsamer

Auch nach dem Anschauen der ersten Folge von Sarah Palin's Alaska bleibt unklar, was Sarah Palin eigentlich will. Eine eigene Marke werden? Dann ist sie nach den Millionenhonoraren für ihre beiden Bücher, ihrem Kommentatorenjob auf Fox News und nun der neuen TV-Serie auf einem guten Weg. Ob ihr die Reality-Show allerdings bei einer Präsidentschaftskandidatur für die Republikaner 2012 hilft?

Sarah Palin

Vor schroffer Kulisse im bunten Jäckchen: die Serie "Sarah Palin's Alaska".

(Foto: AP)

Die Show sei nicht politisch, behauptet der Sender TLC auf seiner Website, sondern eine "Familien-Abenteuergeschichte". Politisch ist die Sendung tatsächlich nicht.

In der ersten Folge angelt Sarah Palin, sie jagt und klettert über Gletscher, fährt Kanu und wandert mit Schneeschuhen - alles vor der traumhaften Kulisse ihres kalten, schroffen Landes. Dabei sitzen die gesträhnten Haare stets so perfekt wie ihr Lächeln, ihr Brillenmodell ist sowieso seit Jahren Kult. Statt den gewohnten bunten Jacketts wechselt die Gouverneurin von Alaska bei ihren sportlichen Aktivitäten pastellfarbene Trainingsjäckchen. Trotzdem wundert sie sich: "Wie ich als Diva gelten kann, ist mir schleierhaft."

Klar, so als Outdoor-Fanatikerin. In dröhnenden benzinfressenden Geländewagen führt "Mama Grizzly" ihre Zuschauer von einer Naturschönheit zur anderen - und stört dann die friedliche Stille und die wirklichen Bären mit schrillen Entzückensschreien. Bei ihrer Schneeschuhwanderung macht man sich fast Sorgen, dass das Gequieke eine Lawine auslösen könnte.

Doch alles geht gut und kurze Zeit später steht Palin schon wieder in ihrer heimatlichen Küche und lässt die Zuschauer an ihrem Leben als fünffache Mutter teilhaben. Den anstrengenden Teil - Windeln wechseln, Aufräumen oder Putzen - sieht das Publikum allerdings nicht, obwohl Palin betont, dass ihre Familie kaum Haushaltshilfen habe. Auch anstrengende Szenen, die es mit einem an Down Syndrom erkrankten Kind wie Palins Sohn Trig geben muss, werden ausgeblendet.

Was für eine gute Mutter sie ist, will uns die ehemalige Kandidatin für die Vizepräsidentschaft in einer Szene mit ihrer Teenage-Tochter Willow beweisen, bei der ihr schrilles "Willow, komm her" eine erneute Herausforderung für die Trommelfelle ist. Die Tochter ist auf dem Weg in ihr Zimmer, Freund Andy will hinterher. Da zeigt Palin auf das Babygitter am Fuße der Treppe und erklärt dem jungen Mann: "Das ist nicht nur für Trig. Es hält auch die Jungs fern."

Bei der Arbeit Russland sehen

Das tut es nicht, wie man nur wenig später sieht, als Andy über das Babygitter springt. Ob es wohl bei Palins ältester Tochter Bristol ähnlich gelaufen ist? Diese sorgte im Wahlkampf 2008 für negative Schlagzeilen, als sie mit 17 schwanger wurde - Sarah Palin argumentierte gleichzeitig für Abstinenz als bestes Mittel gegen Teenager-Schwangerschaften.

Ähnlich unlogisch wirkt Palin, als sie sich darüber beklagt, wie sehr ihnen in diesem Sommer ihre Privatsphäre genommen wurde - zur Erinnerung: Im Interview für eine Reality-Show. Der Übeltäter ist aber nicht das TV-Team, sondern Joe McGinnis. Der freche Journalist arbeitet an einer unauthorisierten Biographie über die Politikerin und hat sich deswegen das Haus neben den Palins gemietet.

"Wie würde es Ihnen gehen, wenn ein Typ, der Ihnen ans Leder will, nur ein paar Meter neben Ihren Kindern einzieht?", fragt sie treuherzig. Ehemann Todd hat inzwischen einen mehrere Meter hohen Zaun um das Palin'sche Grundstück errichtet, bei dessen Besichtigung die Ex-Gouverneurin gleich mal einen ähnlichen Zaun zwischen den USA und Mexiko fordert.

McGinnis störe sie auch beim Arbeiten auf ihrer Terrasse, teilt die Kommentatorin mit. Sie bereite sich nun einmal gerne mit Blick auf den See auf ihre Tätigkeit bei Fox News vor, lasse sich dabei aber ungern beobachten (außer von Fernsehkameras, natürlich). In der angeblichen Arbeitsszene fehlt allerdings jegliches Lese- oder Schreibmaterial, Palin sitzt einfach nur auf ihrer Veranda. Immerhin nimmt sie sich noch auf die Schippe und zitiert sich selbst: "Von hier aus kann ich Russland sehen - fast."

Wirkung vor Logik, dieser Kalauer unter Fernsehschaffenden, gilt auch für Sarah Palin's Alaska. Sie wird die Zuschauer in zwei Lager spalten: Die einen werden sich darin bestärkt fühlen, dass diese Frau keinesfalls jemals Präsidentin der USA werden kann. Die anderen werden sich umso sicherer sein, dass das Land dringend auf jemanden wie Palin wartet.

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