Reaktionen zum Transrapid-Aus:"Riesenohrfeige für die CSU"

Das Ende für den Transrapid ist sehr unterschiedlich aufgenommen worden: Industrie und CSU beklagen den "Verlust eines Leuchtturmprojekts", die SPD freut sich über die "größte denkbare Schlappe" für die CSU.

Günther Beckstein (CSU), bayerischer Ministerpräsident: "Ein schlechter Tag für den Technologiestandort Deutschland. Bayern hat immer gesagt, wir wollen dieses Projekt, aber nicht zu jedem Preis.

Edmund Stoiber, früherer bayerischer Ministerpräsident: "Nahezu eine Verdoppelung der Kosten in sechs Monaten ist doch sehr ungewöhnlich". Der Transrapid sei als Leitprojekt der deutschen Hochtechnologie Teil der Koalitionsvereinbarung und damit ein Projekt für Deutschland insgesamt. Stoiber bedauerte, dass diese Hochtechnologie in Deutschland nun wohl endgültig gescheitert sei. Dies sei vor allem für Bayern schmerzlich, denn Bayern habe sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem weltweit anerkannten Standort für modernste Technologien entwickelt.

Hartmut Mehdorn, Bahnchef: "Der Standort Deutschland hat damit ein wichtiges Leuchtturmprojekt verloren."

Siemens-Chef Peter Löscher: "Die Magnetschwebebahn-Technologie ist eine Leuchtturmtechnologie Deutschlands. Wir sehen diese Technologie weiter als wichtige Exporttechnologie Deutschlands."

Die deutsche Industrie werde sich weiterhin um Absatzmärkte für den Transrapid außerhalb Chinas bemühen. Dort ist bisher die einzige Strecke realisiert worden. Löscher nannte als weitere Interessenten unter anderem Katar und die USA.

"Größte denkbare Schlappe"

Franz Maget, Chef der bayerischen SPD-Landtagsfraktion, sieht im Aus für das Münchner Transrapid-Projekt "die größte denkbare Schlappe" für die CSU und die bayerische Staatsregierung. "Das katastrophale Tandem Günther Beckstein und Erwin Huber ist bis auf die Knochen blamiert. Schlimmer kann es eigentlich nicht kommen."

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) begrüßte die Entscheidung. Dies sei eine Riesenohrfeige für die CSU, sagte Ude dem Bayerischen Rundfunk. Die CSU müsse nun zugeben, dass sie "aufs falsche Pferd" gesetzt und sich total "vergaloppiert" habe, erklärte der Oberbürgermeister, der sich stets klar gegen den Bau des Transrapids ausgesprochen hatte.

Bayerns Landtagspräsident Alois Glück (CSU): "Die große Diskrepanz zwischen bisher genannten Zahlen der Firmen und den neuen Zahlen ist mehr als eine peinliche Blamage der Firmen. Sie belastet das Vertrauen der Politik und der Bürger in die Verlässlichkeit, die Seriosität der Wirtschaft und der Gutachter." Dies sei "ein großer Schaden für die Gesellschaft, ein weiterer Baustein für Vertrauensverlust."

Johannes Singhammer, CSU-Bundestagsabgeordneter aus München: "Ich bin sehr überrascht, wie kurzfristig das Konsortium die Preissteigerung bekannt gegeben hat. Damit wurde dem Transrapid-Projekt die Geschäftsgrundlage entzogen. Andererseits bin ich erleichert und froh, dass jetzt eine Entscheidung getroffen wurde. Die Strecke in München war erkennbar nicht geeignet. Dennoch darf diese Technologie jetzt nicht ins Deutsche Museum wandern."

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth : "Endlich ist das unsinnige Bauvorhaben Transrapid auch in Bayern vom Tisch." Allen "außer den CSU-Granden" sei schon seit langem klar gewesen, dass die Kosten die offizielle Zahl von 1,85 Milliarden Euro weit übersteigen würden. Roth betonte, für die CSU und besonders für deren Vorsitzenden Erwin Huber füge sich "diese Niederlage nahtlos ein in die Reihe der jüngsten Misserfolge bei den bayerischen Kommunalwahlen und der desaströsen Situation der bayerischen Landesbank".

Thomas Schlenz, Konzernbetriebsratsvorsitzender von ThyssenKrupp: "Ich bin derbe erschrocken über die Technikfeindlichkeit in unserem Land und die verantwortungslose Haltung in Teilen der Politik gegenüber der Verpflichtung, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen." Das Projekt sei "zielgerichtet schlechtgeredet worden". Vor allem wie sich der Münchner SPD-Oberbürgermeister Christian Ude verhalten habe, sei "das Hinterletzte" gewesen.

Klaus-Heiner Röhl, Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW): "Dass wir diese moderne Technologie entwickelt haben und es seit 20, 30 Jahren nicht schaffen, bei uns eine Strecke dafür zu bauen, ist schon bedauerlich. Eine Referenzstrecke in Deutschland hätte die Exportchancen für den Transrapid sicherlich erhöht."

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