Es ist noch mitten in der Nacht, als die Nachricht Kolumbien erreicht: Präsident Juan Manuel Santos erhält den Friedensnobelpreis für seine Bemühen, den Bürgerkrieg im Land nach mehr als 50 Jahren endlich zu beenden. "Dieser Preis gehört euch. Und ganz besonders den unzähligen Opfern", sagte Santos in der Hauptstadt Bogotá an sein Volk gerichtet.
Aus der ganzen Welt erhielt er Glückwünsche, auch von Bundeskanzlerin Merkel. "Sie kennt ihn als einen Mann, der für sein Land eine Vision hat, und die heißt Frieden und Versöhnung nach Jahrzehnten eines grausamen Konflikts, der Hunderttausende von Toten gekostet hat und der Kolumbien viel zu lange in seiner Entwicklung gelähmt hat", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Santos hatte einen Friedensvertrag mit den Farc-Rebellen ausgehandelt. Bei einem Referendum sprachen sich die Kolumbianer am Sonntag überraschend dagegen aus, woraufhin Santos kaum noch Chancen auf die Auszeichnung eingeräumt worden waren.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz lobte den kolumbianischen Präsidenten für sein Auftreten nach der Abstimmung: "Respekt sowohl für Juan Manuel Santos' Ruhe und gefasste Reaktion auf das Referendumsergebnis und seine völlige Hingabe für ein Friedensabkommen."
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Seit fast vier Jahren verhandelt die Regierung mit der Farc-Guerilla. Wortführer gegen das Friedensabkommen ist Ex-Präsident Álvaro Uribe. zwar beglückwünschte er Santos, forderte ihn aber auch auf, "das Abkommen, das für die Demokratie schädlich ist, zu verändern".
Farc-Kommandeur Timoleón "Timochenko" Jiménez, Santos' Verhandlungspartner, wurde vom norwegischen Komitee nicht berücksichtigt. Auf Twitter reagierte er verhalten: "Den einzigen Preis, den wir anstreben, ist der Frieden mit sozialer Gerechtigkeit ohne Paramilitarismus, ohne Vergeltung und Lügen."
Nach Ansicht der früheren Farc-Geisel Ingrid Betancourt hätte die Guerilla es ebenso verdient gehabt, den Nobelpreis gemeinsam mit Kolumbiens Präsident zu erhalten. Auf die Nachfrage des Journalisten, ob ihre Entführer heute den Preis verdienten, sagte sie mit teils versagender Stimme: "Ja. Das ist sehr schwer für mich, das zu sagen, aber ich glaube ja." Die frühere kolumbianische Präsidentschaftskandidatin war eines der prominentesten Opfer der Farc und bis 2008 mehr als sechs Jahre in der Gewalt der Guerilla.
Weißhelme: "Wir wünschen der kolumbianischen Bevölkerung Frieden"
Der Krieg zwischen Guerillagruppen, Staat und paramilitärischen Todesschwadronen in Kolumbien hatte sich in den 60er Jahren an Landkonflikten und sozialer Ungerechtigkeit entzündet. Rund 340.000 Menschen wurden getötet, davon 80 Prozent Zivilisten. Mindestens sieben Millionen Kolumbianer wurden aus ihren Dörfern vertrieben.
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hofft derweil, dass Santos' Vorgehen Vorbild für andere Länder ist: "Der Friedensprozess sollte die ganze Welt inspirieren", sagte er. Ähnlich formulierte es Bundespräsident Joachim Gauck: "Ihr Kampf um Frieden soll auch ein Beispiel für andere sein, in ausweglos erscheinenden Situationen weiter Brücken zu bauen, um Gewalt zu beenden und Menschen eine neue Perspektive zu geben."
Dabei dachte er wohl auch an den Krieg in Syrien. Dort bergen die sogenannten Weißhelme Verletzte aus den Trümmern der umkämpften Städte. Die Organisation galt als einer der Favoriten auf den Friedensnobelpreis. Auch sie sandten per Twitter Glückwünsche Richtung Kolumbien: "Wir wünschen der kolumbianischen Bevölkerung Frieden."