Süddeutsche Zeitung

Reaktionen auf "Implant Files":Spahn verspricht unabhängige Meldestelle

Der Bundesgesundheitsminister reagiert auf die weltweite Implant-Files-Recherche und gesteht Defizite ein. Patienten sind verunsichert, aber dankbar für die Recherche.

Berlin und Brüssel wollen sich der Probleme mit Medizinprodukten annehmen. Anlässlich der Berichterstattung unter dem Titel "Implant Files", mit der SZ, NDR, WDR und ihre internationalen Medienpartner am Sonntagabend begonnen haben, kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an, für mehr Transparenz bei Medizinprodukten zu sorgen. "Wir bauen eine industrieunabhängige Stelle auf, bei der alle verbauten Implantate gemeldet werden müssen", sagte er am Montag der Rheinischen Post. Zugleich räumte er Defizite ein. Das zuständige Bundesinstitut habe bei Problemen mit Medizinprodukten "keinen Gesamtüberblick". Deshalb könne es Patienten nicht gezielt vor Fehlern warnen. Dies soll sich mit dem Register ändern.

Die EU-Kommission forderte eine bessere Umsetzung von Regeln und Kontrollen. Es sei zwar 2017 ein neues Regelwerk beschlossen worden, sagte eine Sprecherin am Montag. "Aber die Geschichte ist noch nicht vorbei. Wie immer ist die Umsetzung der entscheidende Punkt." EU-Staaten, Hersteller und Ärzte seien aufgefordert, die strengeren Sicherheitsstandards auch anzuwenden.

Dass Verstöße kaum sanktioniert würden, kritisierte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er forderte Strafen für Firmen, die Probleme nicht an die Behörden melden. "Im Zweifelsfall Entzug der Zulassung des Produktes", twitterte Lauterbach. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sieht Handlungsbedarf: Scheininnovationen und sogar schädliche Produkte kämen viel zu leicht auf den Markt. "Es gibt keine sicheren Regeln, die das verhindern", kritisierte die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer. Dabei könne Deutschland auch ohne eine EU-Regelung eine Nutzenbewertung für neue Methoden einführen. "Hier hat die Politik seit Jahren trotz Mahnungen viel zu wenig getan."

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SZ vom 27.11.2018 / SZ
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