Reaktionen auf die neue Regierung Griechenlands:Sprachlose Linke

Lesezeit: 2 Min.

Plakate der deutschen Linkspartei bei Syriza-Wahlfeierlichkeiten in Athen. (Foto: dpa)
  • Die Linke in Deutschland hat den Sieg von Syriza in Griechenland erst groß gefeiert. Aber nachdem Tsipras eine Koalition mit Rechtspopulisten gebildet hatte, blieb sie seltsam stumm.
  • Dabei könnten die deutschen Linken von ihrem griechischen Helden einiges lernen. Zum Beispiel, dass nur Kompromisse zu Macht führen.

Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Er war ihr Held, sie haben ihn umjubelt. Jetzt ist es plötzlich ganz still. Alexis Tsipras, Chef der linken Syriza-Bewegung in Griechenland, hat nach der Wahl am Sonntag kurzerhand eine Koalition mit den Rechtpopulisten von der Anel-Partei geschlossen. Und die Linke in Deutschland findet dafür nicht die passenden Worte.

Die Anel-Partei ist in etwa so rechts wie die AfD in Deutschland und so radikal wie manche Pegida-Anhänger. Auf AfD und Pegida reagieren Führungskräfte der Linken in der Regel hoch allergisch. Wen sie auch nur in der Nähe von solchen Rechten vermuten, überziehen sie mit zuweilen maßloser Kritik.

Zum Schulterschluss von Tsipras mit den Rechtpopulisten der "Unabhängigen Griechen" aber fällt ihnen nichts ein. In die Koalitionsverhandlungen werde er sich nicht einmischen, sagt etwa Linken-Chef Bernd Riexinger. Fraktions-Vizechefin Sahra Wagenknecht zieht sich darauf zurück, dass es doch Gemeinsamkeiten gebe, wenn es um die Bekämpfung der Korruption gehe. Anel sei schließlich nicht der Front National. Für Kipping ist die Anel nichts anderes als eine andere CSU. Im Wahlkampf hatte der Anel-Chef Panos Kammenos übrigens noch behauptet, die Juden zahlten in Griechenland keine Steuern.

Tsipras ist nicht wie die deutsche Linke

Tsipras aber war das großes Vorbild der Linken in Deutschland. Endlich ein ganz Linker, der es schaffen konnte, ein EU-Land zu regieren. Jung, gut aussehend, unkonventionell. All das, was die deutsche Linke eher nicht ist. Die ist vor allem: maximal prinzipientreu. Wer nicht für sie ist, ist gegen sie. Weshalb es nahezu unmöglich werden dürfte, 2017 ein Linksbündnis aus SPD, Grünen und Linken zu schmieden. Die Linke dachte wohl, Tsipras sei ein bisschen so wie sie. Ist er aber nicht. Kein bisschen.

Wie gehörnt steht die Linke jetzt da. Verlassen vom Geliebten, der mit irgendeiner Schönheit aus dem Nachbardorf durchgebrannt ist.

Dass in Griechenland Links- und Rechtspopulisten gemeinsame Sache machen, ist nicht gut für Griechenland. Aber es ist auch nicht gut für die deutsche Linke. Das Vorbild hat eine gewaltige Schramme bekommen. Die Hoffnung auf linke Politik pur hat Tsipras an einem Vormittag in Athen zunichtegemacht. Der Glanz, in dem sich auch die deutsche Linke sonnen wollte, er ist weg.

Was die Linke von Tsipras lernen kann

Aber vielleicht lernt die Linke auch etwas daraus. Zum Beispiel, nicht derart hoch auf Bäume zu klettern, dass es ohne Hilfe nicht mehr zurückgeht. Viele Linke haben Angst, dass ihre Partei in welcher Koalition auch immer ihr Gesicht verliert, ihre Einmaligkeit. Dass sie sich zu sehr anpassen muss.

Tsipras beweist dagegen: Wer gestalten will, muss Kompromisse machen. So große Kompromisse, wie Tsipras sie in seiner Links-rechts-Koalition wird machen müssen, müssten die Linken in Deutschland sicher nicht eingehen. Niemand wird von ihr erwarten mit der AfD eine Regierung zu bilden. Oder - weniger schlimm - mit CDU und CSU.

Aber wenn Tsipras mit ganz rechts kann, dann sollte die Linke sich nicht länger vor Rot-Rot-Grün im Bund erschrecken. Vielleicht ist aber genau diese Angst vor Regierungsverantwortung, die die Linke gerade so sprachlos macht.

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