Reaktionen auf die Europawahl:"Nicht so gut"

Sogar die SPD sieht die SPD als Verlierer der Europawahl. Bei der Frage, was dies für die Bundestagswahl bedeutet, gehen die Meinungen dagegen gewaltig auseinander.

Das Ergebnis der Europawahl hat bei der Union Zuversicht für die Bundestagswahl am 27. September geweckt. Spitzenpolitiker der CDU sehen das Ergebnis der Europawahl als richtungsweisend an.

Die Grafik zur Europawahl Europawahl

Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, aus dem Ergebnis lasse sich "eine Perspektive" für eine schwarz-gelbe Mehrheit für die Bundestagswahl im Herbst ableiten. "Wir haben eine gute Ausgangsbasis, aber Wahlen sind erst gewonnen, wenn die Wahllokale geschlossen haben", betonte Kauder. Die SPD habe dagegen ein "erhebliches Problem" und müsse sich der Frage nach ihrem Personal und der Wahlkampfstrategie stellen.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sprach von einem strategischen Signal für die Bundestagswahl im September und sagte: "Es gibt eine klare bürgerliche Mehrheit von Union und FDP in Deutschland."

Auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sah eine "gewisse Aussagekraft" für die Bundestagswahl. Die Wähler trauten der Union am ehesten zu, Deutschland aus der Wirtschaftskrise zu führen, sagte Ramsauer im Deutschlandfunk.

Vorsichtiger äußerte sich CSU-Chef Horst Seehofer, der sich aber über das gute Abschneiden seiner Partei in Bayern freute: "Wir haben das Vertrauen in unserer bayerischen Bevölkerung zurückgewonnen durch eine große Geschlossenheit der Partei." Die CSU sei "wieder da", hob der bayerische Ministerpräsident hervor.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sprach von einem "kräftigen Rückenwind". Das bürgerliche Lager sei durch das Wahlergebnis gestärkt worden. Das gebe "Mut und Kraft" für den Herbst.

Die SPD ist nach Ansicht von Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) keine Volkspartei mehr. "Nach dieser Europawahl können wir feststellen, dass es in Deutschland nur noch eine Partei gibt, die den Anspruch erheben kann, Volkspartei zu sein", sagte Müller vor einer Sitzung der CDU-Spitze in Berlin. "Deshalb ist die Union diejenige Partei, die Regierungsverantwortung in Deutschland tragen muss."

Steinmeier will "in die Hände spucken"

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gestand die Niederlage ein. Er betonte aber, die Bundestagswahl sei nicht mit der Europawahl vergleichbar. "Das heißt noch mal in die Hände spucken, sich richtig reinlegen", sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will".

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sah in der niedrigen Wahlbeteiligung einen Grund für das schlechte Abschneiden seiner Partei. Man habe den Menschen nicht ausreichend erklären können, dass die soziale Gerechtigkeit in Europa gesucht werden müsse, sagte Müntefering im Deutschlandfunk. Der Ausgang der Bundestagswahl im September sei aber noch völlig offen.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) räumte angesichts des SPD-Ergebnisses "eine gewisse Ratlosigkeit" ein. Die Strategie der Sozialdemokraten im Wahlkampf sei nicht so gut gewesen, "wie wir uns das vorgestellt haben", sagte er im ARD-"Morgenmagazin".

Die Reaktion der kleinen Parteien

EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) fordert angesichts der geringen Beteiligung bei der Europawahl mehr "Dramatik und Leidenschaft" für die Abstimmung. Die Parteien müssten die Wahl mehr personalisieren und zum Beispiel alle mit einem europaweiten Spitzenkandidaten antreten, der dann Kandidat der jeweiligen Partei für das Amt des Kommissionspräsidenten sei, sagte Verheugen am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Man könnte schon etwas mehr Spannung in diese Wahl bringen", sagte Verheugen.

Grünen-Chefin Claudia Roth sah die Politik ihrer Partei durch das "sehr, sehr gute" Ergebnis der Europawahl bestätigt. Die Grünen hätten in der Wirtschaftskrise die Themen Wirtschaft und Klima miteinander verbunden. Das Ergebnis gebe den Grünen "Rückenwind" für den Herbst.

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, erinnerte daran, dass die CDU trotz Kanzlerbonus fast sieben Prozent verloren habe. Mit Blick auf das oft diskutierte Modell einer Koalition aus Union, FDP und Grünen - das Jamaika-Modell - fügte sie hinzu: "Es gibt kein Boot, das nach der Bundestagswahl die Reise nach Jamaika antritt."

Die FDP zeigte sich mit dem Ergebnis der Wahl zufrieden. "Keine Partei hat so zugelegt wie wir", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle in der Berliner Parteizentrale und drückte seine Begeisterung mit den Worten aus: "Freude, schöner Götterfunke!" Die Liberalen werden mit 12 und damit mit fünf Abgeordneten mehr als bisher in Straßburg vertreten sein.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sieht in dem Ergebnis seiner Partei "ein gutes Zeichen" für die Bundestagswahl. Die Stimmenverluste der Union seien für ihn absehbar gewesen. "Insgesamt wird es reichen für Schwarz-Gelb nach der Bundestagswahl", sagte Niebel im ARD-"Morgenmagazin".

Der Vorsitzende der Links-Partei, Oskar Lafontaine, räumte Mobilisierungsprobleme seiner Partei ein. Bezieher von Hartz IV seien offenbar so enttäuscht, dass sie bei Europa schon gar nicht mehr zur Wahl gingen. "Und das trifft uns natürlich besonders", sagte Lafontaine im Saarländischen Rundfunk.

Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, geht davon aus, dass seine Partei bei der Bundestagswahl besser abschneiden und mehr als 10 Prozent erreichen werde. Das Ergebnis der SPD bezeichnete Gysi als desaströs. Die "Entsozialdemokratisierung" habe den Sozialdemokraten nichts genützt.

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