Reaktionen auf Chodorkowskij-Urteil:"Das Verfahren ist der Hohn"

Viele hatten es befürchtet, doch dass der Kremlkritiker Michail Chodorkowskij nun tatsächlich zu 14 Jahren Haft verurteilt wurde, stimmt die deutschen Politiker besorgt.

Dass der ehemalige Milliardär und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowskij zu 14 Jahren Haft verurteilt wurde, stimmt die deutschen Politiker besorgt: "Es bleibt der Eindruck, dass politische Motive bei diesem Verfahren eine Rolle gespielt haben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Angaben des Bundespresseamtes. "Dies widerspricht Russlands immer wieder geäußerter Absicht, den Weg zur vollen Rechtsstaatlichkeit einzuschlagen." Schon früher hatte die Bundesregierung von Russland die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze gefordert, nun werde die Regierung den weiteren Verlauf des Falles mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.

Reaktionen auf Chodorkowskij-Urteil: Michail Chodorkowskij nahm sein Urteil lächelnd entgegen. Er hatte es befürchtet - doch nicht nur er hält den Prozess für politisch motiviert.

Michail Chodorkowskij nahm sein Urteil lächelnd entgegen. Er hatte es befürchtet - doch nicht nur er hält den Prozess für politisch motiviert.

(Foto: AFP)

Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte das Urteil einen "Rückschritt auf dem Weg zur Modernisierung des Landes".

Der zu 14 Jahren verurteilte Chodorkowskij muss unter Anrechnung der Strafe aus einem ersten Verfahren knapp sieben Jahre im Gefängnis bleiben. Chodorkowski sieht das Vorgehen gegen sich als politisch motiviert, während die russische Regierung die internationale Kritik zurückweist.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, bezeichnete das Strafmaß als "unverhältnismäßig". Das ganze Verfahren sei aus rechtsstaatlicher Sicht ein "Hohn". Er plädierte: "Deutschland und die Europäische Union dürfen jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen: Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen dem Kreml unmissverständlich klar machen, dass nur ein rechtsstaatliches Russland strategischer Partner sein kann."

Konsequenzen der EU

Europa in die Verantwortung nehmen, möchte auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP): "Nun müssen wir in Europa überlegen, wie wir die russische Zivilgesellschaft, die Leute, die für Bürgerrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpfen, in Zukunft besser unterstützen können." Die russische Führung müsse sich Fragen zur Rechtsstaatlichkeit in dem Land stellen lassen. "Das Verfahren, der Schuldspruch und die Höhe des Urteils erschüttern das Vertrauen in die rechtsstaatliche Modernisierung Russlands", sagte Löning.

Ohne Freiheitsrechte, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung könne es keine Modernisierung Russlands geben, kritisierte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. "Schuldspruch und Strafmaß zeigen, wie weit Russland von einem Rechtsstaat entfernt ist, und wie stark politische Willkür die Justiz immer noch bestimmt", sagte Gröhe.

Das Verfahren wegen Unterschlagung von Öl und Geldwäsche gilt international als politisch motiviert. "Wenn Menschenrechte mit den Füßen getreten werden, ist dies nie eine innere Angelegenheit eines Landes", sagte Gröhe.

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