Reaktion der USA auf Nordkorea:Wie du mir, so ich dir

Nordkorea Kim Jong Un

Was wird Kim Jong Uns nächster Schritt sein? Die USA könnten auf einen Angriff militärisch reagieren (Kim Jong Un in einem Propagandavideo).

(Foto: Reuters)

Bisher war es so: Kim Jong Un drohte mit einem Atomkrieg - und die USA reagierten zurückhaltend. Nun deutet sich ein Strategiewechsel an: Amerika könnte nordkoreanische Angriffe in Zukunft direkt und mit gleicher Härte vergelten. Heißt das Atomkrieg? Nein. Möglicherweise wollen die USA so vor allem China unter Druck setzen.

Von Nakissa Salavati

Sie haben sich Zeit gelassen. Ein Monat ist vergangen, seit Kim Jong Un den Nichtangriffspakt mit Südkorea aufkündigte und dem Nachbarland und den USA mit einem präventiven Atomangriff drohte. Die Reaktion der Amerikaner ließ lange keine klare Strategie erkennen: Erst schickte Präsident Barack Obama weiteres Kriegsgerät in die Region, dann mahnte seine Regierung zu Besonnenheit. Kurz darauf versuchten es die USA mit Stillhalten, um jetzt ein neues Vorgehen zu verkünden.

Sie folgt dem Motto "Wie du mir, so ich dir". Klingt zunächst einfach. Ist es aber nicht. Denn mit der harten Haltung wollen die Amerikaner die stetig voranschreitende Eskalation auf der koreanischen Halbinsel abbremsen.

Sollte Nordkorea seinen Nachbarn beschießen, würden die USA und Südkorea unverzüglich mit ähnlichen Waffen und vergleichbarer Intensität antworten, schreibt die New York Times und bezieht sich dabei auf Äußerungen aus US-Regierungskreisen. Der Strategiewechsel lässt sich als klare Drohung gegen Nordkorea lesen, nach dem Motto: Passt auf, eurer Angriff wird euch selbst treffen.

Doch wie genau soll dieses Vorgehen aussehen? Bombardiert Nordkorea südkoreanische oder amerikanische Städte, bombardieren die USA zurück? Setzt Nordkorea Atomwaffen ein, vergelten seine Gegner dies mit einem nuklearen Schlag? Deeskalation sieht anders aus. Die New York Times zitiert Gary Samore, einen ehemaligen Berater von US-Präsident Barack Obama. Viel Spielraum für Fehler hätten die USA bei einem militärischen Vorgehen nicht, sagt er:

"How we carry out a proportional retaliation without triggering a general conflict, or an assault on Seoul, is the hardest part of the problem. Everyone is aware there are not big margins for error here."

Eine militärische Antwort müsste vor allem direkt und überlegt auf eine Provokation Nordkoreas folgen, schreibt die New York Times und zitiert einen Experten: In der Vergangenheit habe Südkorea oft verspätet auf Angriffe aus Nordkorea reagiert.

Einig darüber, wie weit eine militärische Gegenreaktion gehen könnte, sind sich die USA und Südkorea offenbar noch nicht. Ein US-Beamter sagte der Zeitung, es gebe ein hohes Risiko, dass Südkorea überreagiere. Schließlich habe die Präsidentin, Park Geun Hye, bereits angedeutet, sie wäre bereit, nordkoreanische Kommandozentralen anzugreifen, so die Zeitung.

Hinter dem Strategiewechsel der USA könnte auch stehen, dass sie selbstbewusst annehmen, Kim Jong Un töne zwar laut, seine militärische Macht könne aber kaum mit seiner Rhetorik mithalten. Berichte nordkoreanischer Insider untermauern dies: Das Militär Nordkoreas sei nur offiziell in höchster Alarmbereitschaft - inoffiziell würden Soldaten in ihre Kasernen zurückgeschickt.

Möglicherweise verfolgen die Amerikaner mit ihrem neuen Vorgehen auch eine Erziehungsmaßnahme: Sie erhöhen nämlich nicht nur den Druck auf Nordkorea, sondern auch auf seinen Verbündeten, China. Peking missfällt die amerikanische Machtdemonstration in der Region und macht dafür auch Nordkorea verantwortlich. So hatte Präsident Xi Jinping gesagt, niemandem dürfe erlaubt werden, eine Region oder sogar die ganze Welt für selbstsüchtige Zwecke ins Chaos zu stürzen und rief angesichts der Eskalation zu Zurückhaltung und Dialog auf. Möglicherweise wollen die USA mit ihrem Vorgehen China vor eine Wahl stellen: Entweder es rufe Nordkorea zurück. Oder es müsse eben mit einem starken Amerika in Ostasien leben, hieß es aus der US-Regierung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: