Reaktion auf Spionageaffäre:Merkel glaubt nicht an Ende der Bespitzelung

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Bundeskanzlerin Merkel geht davon aus, dass die USA ihre Spähaktionen in Deutschland trotz der Enttarnung zweier Spione weiterführen werden. Washington ist indes über die harsche Kritik aus Berlin verärgert - mit der Kanzlerin hat Präsident Obama seit mehr als einer Woche nicht mehr gesprochen.

  • Merkel bezweifelt Ende der Bespitzelung.
  • Mutmaßlicher BND-Spion wurde aus US-Botschaft in Wien geführt.
  • Weißes Haus fordert interne statt öffentlicher Gespräche.
  • US-Außenminister John Kerry und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier treffen am Sonntag aufeinander.

Merkel bezweifelt ein Ende des Ausspähens

Ungeachtet ihrer Kritik an der mutmaßlichen US-Spionage in Deutschland hat Bundeskanzlerin Merkel Zweifel an einem Ende der Bespitzelung geäußert. "Ich glaube, es nicht so ganz einfach, die Amerikaner davon zu überzeugen - es ist ja eine generelle Herangehensweise -, die Arbeit der Nachrichtendienste jetzt völlig umzukrempeln", sagte Merkel im ZDF-Sommerinterview der Sendung "Berlin direkt".

Es müsse daher deutlich gemacht werden, wo die unterschiedlichen Auffassungen liegen. Auf die Frage, ob sie Änderungen im Verhalten der USA erwarte, sagte Merkel: "Das kann ich nicht voraussagen, ich hoffe natürlich, dass sich etwas ändert."

Mutmaßlicher BND-Spion wurde aus Wiener US-Botschaft geführt

Der mutmaßliche US-Spion beim Bundesnachrichtendienst (BND) wurde nicht aus der Berliner Botschaft der USA geführt, sondern aus der amerikanischen Botschaft in Wien. Wie der Spiegel berichtet, trafen CIA-Agenten aus der US-Botschaft in Wien den 31-Jährigen seit 2012 bei mehreren konspirativen Treffen in Salzburg. Dabei sollen sie von ihm geheime Dokumente erhalten haben, für die sie Geld zahlten.

Für die CIA bedeutete es ein geringeres Risiko, entdeckt zu werden, indem sie die sensible Quelle aus dem nahe gelegenen Ausland führten. Die Nachforschungen der Bundesanwaltschaft könnten den Agentenführer aus Österreich nun aber Probleme bereiten. Falls die Führungsoffiziere des mutmaßlichen Spions identifiziert werden sollten, würden sie im Falle eines Strafverfahrens in Deutschland keinen diplomatischen Schutz genießen.

Laut dem Spiegel lieferte der BND-Mitarbeiter den Ermittlern Beschreibungen von zwei mutmaßlichen CIA-Agenten, mit denen er Kontakt hatte. Mit Hilfe dieser Informationen wollen die Fahnder jetzt die Agenten ermitteln.

Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unterdessen unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, wurde der 31-Jährige in dem Zeitraum, als er mutmaßlich für die CIA spionierte, vom BND intern einer routinemäßigen Prüfung unterzogen. Deren Ergebnis sei gewesen, dass er unauffällig sei und kein Sicherheitsrisiko darstelle.

Deutliche Verstimmung seitens der USA

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Die US-Spionage-Affäre erreicht die nächste Stufe: Der Verdacht gegen einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums landete beim BND - ausgerechnet auf dem Schreibtisch des Mannes, der später selbst überführt wurde.

Gespräche hinter verschlossenen Türen statt vor der gesamten Weltöffentlichkeit: Die US-Regierung hat mit deutlicher Verstimmung auf die harsche Kritik aus Berlin wegen der mutmaßlichen Spionagefälle reagiert. Das Thema solle nicht auf dem offenen Markt, sondern intern zur Sprache gebracht werden, forderte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest.

"Alle Differenzen, die wir haben, sind am effektivsten über bestehende interne Kanäle zu lösen, nicht über die Medien." Zugleich bestätigte der Sprecher, dass Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel seit über einer Woche nicht mehr miteinander gesprochen haben.

US-Abgeordneter: "Nicht die Reaktion eines Erwachsenen"

Auch US-Abgeordnete zeigen sich verärgert. Der Rauswurf des CIA-Stationsleiters in Berlin sei ein "Wutanfall" der Bundesregierung, meinte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers. "Das ist Etwas, was wir von den Russen, den Iranern und Nordkoreanern erwarten, nicht etwas, was wir von den Deutschen erwarten", sagte der Republikaner dem TV-Sender CNN. Die US-Geheimdienste hätten den deutschen Diensten Informationen geliefert, die das Leben von Deutschen gerettet hätten. Der Rauswurf des CIA-Mannes "scheint schlichtweg nicht wie die Reaktion eines Erwachsenen".

"Gekünstelte Empörung"

Zugleich gab es in US-Medien scharfe Kritik an Berlin. In einem Kommentar in der Zeitung Wall Street Journal war von "gekünstelter Empörung" die Rede. Deutschland wisse, dass auch befreundete Staaten sich gegenseitig ausspionieren. Zu Russland und dem Iran etwa habe Deutschland engere Beziehungen als die meisten anderen westlichen Länder. "Die USA müssen diese Beziehungen verstehen, und dazu braucht es Geheimdienste", schreibt die Zeitung weiter. Die USA würden demnach unverantwortlich handeln, wenn sie deutsche Regierungsbeamte nicht aushorchen würden.

Treffen zwischen Kerry und Steinmeier

US-Außenminister John Kerry wird am Rande der Wiener Atomgespräche seinen Kollegen Frank-Walter Steinmeier (SPD) treffen. Dabei würden auch "bilaterale Themen" erörtert, hieß es in Washington. Das Gespräch sei für Sonntag geplant, es wäre das erste auf hoher Ebene seit Zuspitzung der Affäre. Steinmeier plädierte für einen Neuanfang in den Beziehungen zu den USA. "Wir wollen unsere Partnerschaft, unsere Freundschaft auf ehrlicher Grundlage neu beleben."

Hintergrund: Zwei Verdachtsfälle

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag als Reaktion auf mutmaßliche Ausspähaktionen den obersten Geheimdienstler der Amerikaner in Berlin aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Grund dafür war das Bekanntwerden zweier Verdachtsfälle von Spionage im Bundesnachrichtendienst (BND) und beim Verteidigungsministerium. Die Ermittlungen laufen derzeit: Es müssten zahlreiche Dokumente ausgewertet werden, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft.

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