Süddeutsche Zeitung

Reaktion auf hohe Bewerberzahlen:Deutschland will weniger Asylsuchende vom Balkan

Die Zahl der Asylbewerber ist so hoch wie Ende der 1990er, etwa ein Drittel der Menschen stammt aus Ländern des westlichen Balkan. Die Bundesregierung will diese Staaten nun offenbar als sicher einstufen und somit den Zuzug aus der Region begrenzen. Die Opposition wirft ihr Ignoranz vor.

Die Zahl der Asylsuchenden ist so hoch wie seit 14 Jahren nicht mehr. Etwa ein Drittel der Anträge stellen Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien - die meisten ohne Erfolg.

Darauf will die Bundesregierung nun reagieren: Sie plant, den Zuzug von Asylbewerbern aus den westlichen Balkanstaaten zu begrenzen und die Asylverfahren zu beschleunigen. Das berichten die Dortmunder Ruhr Nachrichten (Freitag) unter Berufung auf einen Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums. Danach sollen die Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und Serbien künftig als "sichere Herkunftsstaaten" eingestuft werden.

Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte, dass "entsprechende Schritte" unternommen würden. Die Arbeit sei aber noch nicht abgeschlossen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer begrüßte die Pläne. "Damit wird eine Kernforderung der CSU erfüllt", sagte er. Das Interesse der wirklich Schutzsuchenden müsse gewahrt werden, aber: "Wer keinen Anspruch hat, soll gar nicht erst einen Anreiz haben, zu kommen."

Massive Diskriminierung oder eingebildete politische Verfolgung?

Die Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg sagte dagegen, die Bundesregierung ignoriere die menschenrechtliche Realität auf dem Westbalkan. In Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien würden Angehörige der Roma und anderer Minderheiten massiv rassistisch diskriminiert.

Der Entwurf verfolgt nach Angaben der Zeitung das Ziel, "aussichtslose Asylanträge von Antragstellern aus diesen Staaten rascher zu bearbeiten und den Aufenthalt dieser Personen in Deutschland schneller beenden zu können." Ebenso werde damit "die Zeit des Sozialleistungsbezugs in Deutschland verkürzt und der davon ausgehende Anreiz für eine Asylbeantragung aus wirtschaftlichen Gründen reduziert".

Eine solche Neuregelung ermögliche es den Behörden, Anträge von Asylbewerbern aus diesen Ländern künftig als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Das führe zu einer erheblichen Beschleunigung des Asylverfahrens, heißt es dem Bericht zufolge im Gesetzentwurf. Die Ausreisepflicht bei Ablehnung verkürze sich auf eine Woche, die Klagefrist ebenfalls. Das Gericht solle über einen Antrag dann "grundsätzlich innerhalb einer Woche" entscheiden.

Die meisten Asylsuchenden kommen aus Syrien

Die Visumpflicht für Mazedonien, Montenegro und Serbien war im Jahr 2009 aufgehoben worden, für Albanien und Bosnien-Herzegowina ein Jahr später. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registrierte im vergangenen Jahr 22 495 Asylanträge von Bürgern dieser Länder.

Auch im Februar beantragten deutlich mehr Menschen Asyl in der Bundesrepublik als noch vor einem Jahr um diese Zeit. Die Zahl der Anträge insgesamt stieg im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast 70 Prozent auf 11 220. Die meisten Asylsuchenden kamen aus Syrien (1867), Serbien (1305), Albanien (833), Afghanistan (796) und Mazedonien (661).

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte bereits Anfang Februar beklagt, dass Asylbewerber inzwischen ganz überwiegend aus Serbien, Mazedonien und Albanien kämen. "Menschen aus diesen Ländern werden nicht politisch verfolgt, ihre Asylanträge müssen rasch und klar beschieden werden", sagte er damals. Laut Grundgesetz können Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, wenn gewährleistet erscheint, "dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet".

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