Reaktion auf den Bürgerkrieg:Israel umwirbt gemäßigte Palästinenser

Zwei Tage vor einem Treffen zwischen Israels Premier Ehud Olmert und US-Präsident George W. Bush haben sich die Verbündeten auf eine gemeinsame Haltung zum Bürgerkrieg in den Palästinensergebieten verständigt. Sie wollen mit der gemäßigten palästinensischen Fatah reden und ihre islamistische Rivalin, die Hamas, im Gaza-Streifen isolieren.

Thorsten Schmitz, Tel Aviv

Olmert nannte die von Palästinenserpräsident Machmud Abbas am Sonntag vereidigte Fatah-Notstandsregierung einen möglichen "Partner für den Frieden".

Die Fatah hat allerdings nur noch im Westjordanland die Macht. Dagegen hatte die radikale Hamas in der vergangenen Woche im Gaza-Streifen nach blutigen Kämpfen die Alleinherrschaft übernommen.

Als Reaktion darauf marschierte Israels Armee am Sonntag in den nördlichen Teil des Gaza-Streifens ein.Der israelische Vize-Verteidigungsminister Efraim Sneh bezeichnete dies als Präventivmaßnahme. Er hob den begrenzten Charakter des Einsatzes hervor und sagte: "Vorerst nehmen wir den Gaza-Streifen nicht im Sturm ein."

Kurz vor seinem Abflug nach Washington, wo Olmert am Dienstag mit Präsident Bush zusammentreffen wird, sagte der Premier, eine Palästinenserregierung ohne die Hamas eröffne neue Horizonte und ermögliche Israel die Auszahlung einbehaltener Steuereinnahmen in Höhe von 600 Millionen US-Dollar.

Israel werde mit der neuen Palästinenserregierung uneingeschränkt kooperieren. Die Zusammenarbeit zwischen Jerusalem und Ramallah gebe die Chance für "ein völlig neues Leben" für die Palästinenser im Westjordanland.

Bei den Gesprächen in Washington wollen Olmert und Bush nach Angaben aus dem Büro Olmerts darüber beraten, wie die neue Fatah-Regierung von Salam Fajad, der als Ministerpräsident auch das Finanz- und das Außenministerium leiten wird, unterstützt werden könne.

Unterstützung für Fajad

Fajad genießt in Israel und im Westen hohes Ansehen. In der Regierung Bush ist das Bemühen erkennbar, die jetzige Situation zu nutzen und Israel und die gemäßigten Palästinenser zu einer raschen Verständigung zu bringen. Dies könnte zu einem Palästinenserstaat führen - allerdings nur im Westjordanland.

Auch das aus den USA, Russland, der EU und den UN bestehende Nahost-Quartett sagte der Regierung Fajad Unterstützung zu. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, er wolle sich so schnell wie möglich mit Fajad treffen. Die Arabische Liga begrüßte nach einer Dringlichkeitssitzung in Kairo einhellig die Bildung der neuen Regierung.

US-Generalkonsul Jacob Walles, der im Auftrag Bushs den Kontakt zu den Palästinensern hält, traf sich am Wochenende in Ramallah mit Abbas. Danach sagte er, die USA wollten ihre Direkthilfe an die Regierung im Westjordanland wieder aufnehmen. Die Palästinenser dort würden "volle Unterstützung bekommen".

Israel riegelte den Gaza-Streifen am Sonntag weiter ab. Der Grenzübergang Erez im Norden wurde geschlossen. Ein israelisches Unternehmen stellte die Lieferung von Benzin für Tankstellen im Gaza-Streifen ein.

Nur das dortige Elektrizitätswerk soll weiter mit Treibstoff beliefert werden. Auch die Versorgung des Gaza-Streifens mit Wasser und Medizin durch Israel werde aufrechterhalten, hieß es. Hunderte Palästinenser warten am Grenzübergang Erez und hoffen auf eine Einreise nach Israel.

Erstmals seit dem Libanon-Feldzug im vergangenen Jahr wurde wieder ein Ort im Norden Israels mit Raketen beschossen. Die israelische Polizei teilte am Sonntag mit, Opfer habe es keine gegeben. Libanesischen Sicherheitskreisen zufolge feuerten mutmaßliche Palästinenser-Extremisten drei Raketen ab. In Israel wurde die radikale Hisbollah-Miliz verdächtigt.

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