Süddeutsche Zeitung

Bundesweite Festnahmen:Terrorgruppe wollte "bürgerkriegsähnliche Zustände" auslösen

Ihr Plan: Anschläge auf Politiker, Muslime und Asylbewerber. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen zwölf Rechtsextreme. Mindestens einer von ihnen soll sich bereits eine Waffe besorgt haben.

Von Jana Stegemann, Düsseldorf

Die Spezialeinsatzkommandos kamen in den frühen Morgenstunden. Ihr Ziel: 13 Wohnungen und andere Objekte in sechs Bundesländern. Die groß angelegte Razzia galt den Mitgliedern und Unterstützern einer mutmaßlich rechten Terrorzelle.

Im Nachgang des bundesweiten Einsatzes wurden zwölf deutsche Männer festgenommen, weil sich der Anfangsverdacht gegen sie erhärtet hatte. Durchsuchungen hatten in Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg unter Leitung des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg stattgefunden.

Werner S., Michael B. Thomas N. und Tony E. sowie ein weiterer Beschuldigter, der sich als einziger in Freiheit befindet, sollen sich im September 2019 zu einer rechtsterroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben. Ziel der fünf Männer soll es gewesen sein, "die Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu erschüttern und letztlich zu überwinden", teilte die ermittelnde Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Man gehe davon aus, dass die fünf mutmaßlichen Rechtsextremisten Anschläge auf Politiker, Muslime und Asylbewerber geplant hätten, um "bürgerkriegsähnliche Zustände" in Deutschland auszulösen. Die Beschuldigten sollen sich zur Planung und Absprache ihrer Vorhaben mehrmals in unterschiedlichen Konstellationen getroffen haben.

Der Verfassungsschutz wurde auf die Chats der Männer aufmerksam

Werner S., der nach Informationen von ARD und SWR aus dem Landkreis Augsburg stammt, soll diese Treffen organisiert haben. Thomas N. stammt nach SZ-Informationen aus Minden in Ostwestfalen-Lippe. Neben ihren Treffen telefonierten die mutmaßlichen Rechtsextremisten auch und tauschten sich über Chatgruppen in verschiedenen Messenger-Diensten aus. Auf die Chats war das Bundesamt für Verfassungsschutz aufmerksam geworden.

Die acht Unterstützer der mutmaßlichen Terrorzelle sollen den fünf Männern nicht nur finanzielle und tätliche Mithilfe bei Anschlägen, sondern auch die Beschaffung von Waffen zugesichert haben. Gegen sie laufen daher Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Mindestens vier der acht Unterstützer kommen aus den nordrhein-westfälischen Städten Minden, Porta Westfalica und Hamm. Einer dieser Männer arbeitete als Verwaltungsbeamter für die NRW-Polizei. Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass er seit den Neunzigerjahren beim Land NRW beschäftigt ist, aufgefallen sei der Mann in all den Jahren bisher nicht. Er wurde nach Aussage des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul (CDU) direkt suspendiert. Gegen ihn seien umfangreiche dienstrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden, außerdem habe er ein Hausverbot erteilt bekommen, so Reul weiter.

Der NRW-Innenminister sagte auch, dass sich die mutmaßlichen Rechtsterroristen im Internet kennengelernt hätten. Die Terrorgruppe setze sich zusammen aus Rechtsextremen, "die wir schon länger im Blick hatten" und Männern, die bisher nicht im Fokus der Behörden standen, sagte Reul. Nach Informationen des Spiegel wurde bei einem Beschuldigten eine ähnliche Schusswaffe gefunden, wie sie der antisemitische Attentäter von Halle besaß.

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SZ vom 15.02.2020/olkl
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