Stichwort: Völkermord:Das schlimmste denkbare Verbrechen

Ratko Mladic gilt als mitverantwortlich für das Massaker an etwa 8000 bosnische Muslime bei Srebrenica 1995. Die Anklage vor UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien lautet deshalb auf Völkermord. Doch was verstehen Völkerrechtler unter diesem Begriff?

Völkermord ist der Rechtsbegriff für das schlimmste denkbare Verbrechen: Es betrifft Handlungen mit dem Ziel, ein Volk, eine Ethnie oder auch eine Glaubensgemeinschaft möglichst vollständig zu vernichten.

Das Massaker von Srebrenica, bei dem im Juli 1995 rund 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet wurden, wird von internationalen Strafrechtlern als ein solches Verbrechen eingestuft.

Der jetzt verhaftete ehemalige bosnisch-serbische Militärchef Ratko Mladic gilt zusammen mit dem ebenfalls inhaftierten ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic als Hauptverantwortlicher für das Massaker.

Der Begriff Völkermord ist auch unter der Bezeichnung "Genozid" geläufig. "Genozid" ist aus dem griechischen "genos" ("Herkunft") und dem lateinischen "caedere" ("töten") zusammengesetzt.

Der jüdische Anwalt Raphael Lemkin, der vor der Judenverfolgung aus Polen in die USA geflüchtet war, prägte das Wort 1944, um eine Grundlage für die Bestrafung der Verbrechen zu legen, die von den Nationalsozialisten begangen wurden.

Völkermord umfasst nach Artikel 2 der UN-Konvention 260 von 1948 Handlungen gegen Mitglieder einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe, die in der Absicht begangen werden, die Gruppe ganz oder zum Teil auszulöschen.

Mit der Konvention 260 wurde der Völkermord international geächtet. Zu den Straftatbeständen, die von der Völkermords-Konvention erfasst werden, gehört das Töten, das Zufügen von ernsthaften körperlichen oder geistigen Schäden, die Auferlegung von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen, die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung und Verschleppung von Kindern.

Das UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien

Ratko Mladic wird sich vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien rechtfertigen müssen. Das Tribunal wurde 1993 vom UN-Sicherheitsrat im niederländischen Den Haag eingerichtet, um schwere Verbrechen während der Balkan-Kriege zu ahnden. In den vergangenen Jahren hat das Tribunal Anklage gegen 161 mutmaßliche Täter erhoben.

Nach dem früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, der im März 2006 vor dem Ende seines Prozesses in seiner Zelle starb, sind Mladic sowie der im Jahr 2008 an das Tribunal überstellte ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadzic die bedeutendsten Angeklagten.

Das Haager Tribunal ist zuständig für die Ahndung von Verbrechen während der Kriege in Kroatien (1991-1995), Bosnien (1992-1995), im Kosovo (1998-1999) und in Mazedonien (2001).

Die Richter urteilen über Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Verletzungen des Kriegsvölkerrechts und der Genfer Konventionen für Kriegsgefangene. Dabei können sie lebenslange Haftstrafen verhängen, nicht jedoch die Todesstrafe.

Nach der Verhaftung Mladics fahndet das UN-Tribunal nun nur noch nach einem einzigen Angeklagten: dem früheren Serbenführer in Kroatien, Goran Hadzic. Das UN-Kriegsverbrechertribunal ist ein sogenannter Ad-Hoc-Gerichtshof und nicht zu verwechseln mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der ebenfalls in Den Haag ansässig ist und seit 2002 als ständiges Gericht Kriegsverbrechen ahndet. Chefankläger ist der Belgier Serge Brammertz.

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