Rätsel:Wie werden Rekruten überprüft?

Soldaten mit rechten Sprüchen auf den Lippen sind keine Zierde für die Bundeswehr, dienstliche Konsequenzen aber rar. Das soll sich nun ändern.

Von Ronen Steinke

Nazilieder gesungen, Bilder von Rudolf Heß und Adolf Hitler in der Tasche gehabt: Der Wehrpflichtige, der die Nacht auf einer Chemnitzer Polizeiwache verbringt, ist noch in der Grundausbildung. Danach bildet die Bundeswehr ihn trotzdem weiter aus, auch wenn sein Vorgesetzter bereits attestiert, "dass er von seiner Grundeinstellung nicht für die freiheitlich demokratische Grundordnung einsteht". Das Datum ist der 13. August 1994, der Name des Rekruten Uwe Mundlos, es ist der spätere NSU-Terrorist.

Auch einer der Planer der Anschläge vom 11. September 2001 trägt Bundeswehr-Grün: Der Deutschmarokkaner Said Bahaji lebt bis Juli 1999 in der Al-Qaida-WG von Mohammed Atta in Hamburg-Harburg. Gleichzeitig wird er bis Mai 1999 beim Panzergrenadierbataillon 72 im Stadtteil Neugraben ausgebildet.

Wie kann so etwas passieren? Die Bundeswehr schnüffelt in der Regel nicht im Privatleben ihrer Soldaten herum. Sie unternimmt auch keine Gesinnungstests. Bislang wird von Rekruten nur ein Führungszeugnis verlangt, das freilich nicht blütenweiß sein muss - und eine "Erklärung" zur Verfassungstreue, die sich natürlich leicht unterschreibt. Eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz gibt es nicht. Die machen aber sogar beim Polizeidienst nur die wenigsten Bundesländer. Erst wenn ein Soldat sich für besonders sensible Aufgaben qualifizieren will, fragt die Bundeswehr bei den Verfassungsschutzämtern nach. Zudem bearbeiten die etwa 1200 Mitarbeiter des Bundeswehr-internen Geheimdienstes MAD pro Jahr etwa 400 "Verdachtsfälle", in denen Soldaten eine verfassungsfeindliche Haltung nachgesagt wird, meist eine rechte. Dienstliche Konsequenzen hat das nur in etwa jedem zehnten Fall. Das alles wird nun strenger: Ab nächsten Juli soll der MAD Bewerber schon vor der Einstellung mit Datenbanken der Sicherheitsdienste abgleichen.

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