Rätsel der Woche:Wie zuverlässig sind Wahlumfragen?

  • Eine Umfrage ist dann repräsentativ, wenn etwa 1000 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte angesprochen werden, deren Zusammensetzung nach Geschlecht und sozialer Herkunft der Struktur der Republik entspricht.
  • Die meisten Institute suchen zufällig Telefonnummern von Festnetzanschlüssen aus, die letzten drei Ziffern werden von einem Computer ausgewählt.
  • Die Frage ist aber, wie repräsentativ dieses Verfahren heute noch ist, da zum Beispiel jüngere Menschen nur noch über ein Mobiltelefon verfügen.

Von Jan Heidtmann

Als das Meinungsforschungsinstitut Forsa in dieser Woche seine neuesten Ergebnisse präsentierte, waren die Reaktionen in der CSU harsch. Denn Forsa notierte die Partei bei 40 Prozent, so schlecht wurden die Christsozialen seit Jahren nicht mehr bewertet. Und vor allen Dingen lag die CSU bei anderen Umfrageinstituten auch in jüngster Zeit immer weit über 45 Prozent. "So etwas überhaupt zu veröffentlichen, ist stümperhaft und unprofessionell", sagte der CSU-Generalsekretär.

Die Kritik an Wahlumfragen ist ziemlich genau so alt wie das Instrument der Wahlumfrage selbst. Ein Grund dafür ist, dass das Ergebnis einem Politiker nicht passt. Ein anderer aber, dass solche Umfragen in der Tat fragwürdig sind. Damit eine Aussage über die Stimmung im Land getroffen werden kann, muss eine Umfrage repräsentativ sein. Der Theorie nach leistet sie das, wenn etwa 1000 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte angesprochen werden, deren Zusammensetzung nach Geschlecht und sozialer Herkunft der Struktur der Republik entspricht.

Die meisten Institute suchen deshalb zufällig Telefonnummern von Festnetzanschlüssen aus, die letzten drei Ziffern werden von einem Computer ausgewählt. Die Frage ist aber, wie repräsentativ dieses Verfahren heute noch ist. Nur ein Beispiel: Die meist jüngeren Menschen, die ausschließlich über ein Mobiltelefon verfügen, bleiben dabei außen vor.

Anschließend werden die so genannten Rohdaten einer Umfrage gewichtet. Diese Methodik kommt aber an seine Grenzen, da sie die zunehmend sprunghafte Stimmung der Wähler kaum noch erfassen kann. Das zeigen auch die Wahlprogosen jüngerer Zeit, bei denen die Institute regelmäßig danebenlagen.

Die "Sonntagsfrage" ist eine Momentaufnahme aus der Vergangenheit

Die etablierten Umfrageinstitute bemühen sich dennoch, so akkurat wie möglich zu arbeiten. Aber es sind auch meist private Unternehmen, die ein Interesse daran haben, ihre Ergebnisse zu verkaufen. Und eine aussagekräftige, landesweite Umfrage durchzuführen, kann leicht eine Million Euro kosten. Ein Bestseller ist die "Sonntagsfrage", welche die Wahlergebnisse an einem kommenden Wochenende zeigen soll. Tatsächlich ist sie aber eine Momentaufnahme aus der Vergangenheit.

Seriöse Umfrageinstitute weisen deshalb auch darauf hin, dass ihre Ergebnisse keine Prognose sind. Meist vermerken sie auch die Fehlertoleranz ihrer Umfragen. Diese liegt in der Regel bei drei Prozentpunkten nach oben und nach unten. Wenn also die FDP in einer Umfrage mit vier Prozent bewertet wird, müsste es richtigerweise heißen: zwischen einem und sieben Prozent. Doch wer mag so etwas schon lesen?

Zu Zeiten Konrad Adenauers galten die Ergebnisse von Wahlumfragen als Herrschaftswissen, sie wurden gehütet wie Staatsgeheimnisse. Heutzutage sind sie allgegenwärtig. Wer sie richtig deuten will, sollte zumindest auf das Kleingedruckte schauen.

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