Nein, die Entscheidung des fünfköpfigen Nobelkomitees aus Norwegen ist nicht anfechtbar. Es kann kein Einspruch erhoben werden, die Rücknahme des Preises ist laut Satzung nicht möglich. Es gibt auch keinen Präzedenzfall.
Nach den Flüchtlingstragödien im Mittelmeer sind die Rufe wieder lauter geworden, der Europäischen Union den Friedensnobelpreis abzuerkennen. Es gibt zahlreiche neue Petitionen, oft im Chor mit der Forderung, dann auch gleich US-Präsident Barack Obama die goldene Ehrenmedaille mit dem Kopf des Stifters Alfred Nobel abzuknöpfen. Als diese Woche 400, 700 oder 900 Menschen - wer weiß das schon genau -, vor den Küsten Europas ertrunken sind, hieß es etwa von Seiten der Grünen, für diese "zynische, unmenschliche, ja schändliche Politik" habe die EU "keinen Friedensnobelpreis verdient, er sollte ihr aberkannt werden". Schon bei der Verleihung im Jahr 2012 gab es scharfe Kritik, zum Beispiel von der Hilfsorganisation Medico: "Nicht die EU hat den Preis verdient, sondern all jene undokumentierten Migranten, die ein Leben in Frieden und Sicherheit suchen." Auch drei Friedensnobelpreisträger, unter ihnen der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu, hatten die Nobel-Stiftung eindringlich gebeten, der EU die mit einer Million Euro dotierte Auszeichnung zu verweigern. Der Wille Alfred Nobels, Personen oder Organisationen zu ehren, die "im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht" haben, werde nicht erfüllt. Die Initiative war vergeblich.
Vor dem Brüsseler Ratsgebäude, wo am Donnerstag der EU-Sondergipfel zum Flüchtlingselend stattfand, hatte Amnesty International drei Särge als Mahnung abgestellt, stellvertretend für mindestens 25 000 Menschen, die bislang ertrunken, verdurstet oder verhungert sind auf ihrer Überfahrt nach Europa.