Süddeutsche Zeitung

Sea-Watch-Kapitänin:Außenminister Maas fordert Racketes Freilassung

  • Carola Rackete, festgenommene Sea-Watch-Kapitänin, muss am Nachmittag auf Sizilien vor einem Ermittlungsrichter erscheinen.
  • Ihr wird unter anderem vorgeworfen, Widerstand gegen die italienische Staatsgewalt geleistet zu haben.
  • Entwicklungsminister Müller und Außenminister Maas fordern ihre Freilassung, mehrere Hunderttausend Euro an Spenden gehen ein.

Die Käpitänin der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, Carola Rackete, soll am Nachmittag vor einem italienischen Ermittlungsrichter vernommen werden. Sie sei dazu bereits mit einem Schiff der Finanzpolizei unterwegs von Lampedusa in die sizilianische Stadt Agrigent, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer.

Italien wirft der 31-Jährigen vor, Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet, Seerecht verletzt und sich der Staatsgewalt widersetzt zu haben. Sie habe sich Anweisungen von Militärschiffen verweigert.

Zuspruch bekam Rackete zuletzt vom deutschen Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Die Kapitänin habe "in einer absoluten Notlage gehandelt. Deswegen erwarte ich, dass Brüssel hier ein deutliches Signal sendet und die sofortige Freilassung einfordert", sagte der Minister der Passauer Neuen Presse. Bereits zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im ZDF-Sommerinterview gesagt: "Italien ist nicht irgendein Staat. Italien ist inmitten der Europäischen Union, ist Gründungsstaat der Europäischen Union. Und deshalb dürfen wir von einem Land wie Italien erwarten, dass man mit einem solchen Fall anders umgeht."

Auch Außenminister Heiko Maas (SPD) verurteilte die Reaktion der italienischen Behörden. "Aus unserer Sicht kann am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens nur die Freilassung von #CarolaRackete stehen", erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas am Montag über Twitter. Das werde er der italienischen Regierung deutlich machen. Der SPD-Politiker ergänzte mit Blick auf eine fehlende Regelung im Umgang mit schiffbrüchigen Flüchtlingen im Mittelmeer innerhalb der EU: "Das Geschachere um die Verteilung der Geflüchteten ist unwürdig und muss ein Ende haben." Nach Angaben einer Sprecherin des Auswärtigen Amts wurde Rackete auch konsularische Betreuung angeboten, die sie bislang jedoch nicht angenommen habe.

Hohe Spendenbereitschaft

Rackete war vergangene Woche mit dem Schiff Sea-Watch 3 mit mehr als 40 Migranten trotz Verbots der Regierung in Rom in italienische Gewässer gefahren. Am Wochenende wurde Rackete festgenommen und auf der Insel Lampedusa unter Hausarrest gestellt. Im sizilianischen Agrigent soll entschieden werden, ob der Hausarrest aufrechterhalten bleibt. Rackete hatte nach der Rettung von Migranten vor der libyschen Küste zwei Wochen auf dem Meer vergeblich auf eine Erlaubnis zum Anlegen in Italien gewartet. Sie rechtfertigte ihre Entscheidung, das Anlegen zu erzwingen, mit der verzweifelten Lage an Bord und der Sorge, dass Migranten über Bord in den Tod springen könnten.

Nach der Festnahme schossen die Spenden für die Hilfsorganisation Sea-Watch in die Höhe. Mehr als eine Million Euro gingen ein. Das Geld sei einerseits für die Gerichtskosten von Rackete, erklärte Sea-Watch-Sprecher Neugebauer. Er fügte hinzu: "Wenn das Schiff beschlagnahmt bleibt, brauchen wir ein neues." Über den Aufruf der Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf kamen bis Montagmittag mehr als 735 000 Euro zusammen, auf einer italienischen Facebook-Seite wurden mehr als 410 000 Euro gesammelt.

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