Queen Elizabeth in Deutschland:Die fast ewig währende Herrscherin

Royal Ascot

89 Jahre und kein bisschen amtsmüde: Elizabeth II. vor ein paar Tagen beim Pferderennen in Ascot

(Foto: REUTERS)

Sie eröffnet mit nahezu mürrischem Gesicht Fabriken und spricht zu Weihnachten unverbindliche Worte: So lange die meisten Briten denken können, ist Elizabeth II. schon ihre Queen. Sie ist eine Konstante in einer unsteten und komplizierten Welt.

Von Björn Finke, London

Im Herbst wird sie den Rekord einer legendären Vorgängerin einstellen: Bislang ist Königin Victoria die britische Monarchin, die am längsten über ihre Untertanen regierte - 63 Jahre und sieben Monate. Doch Queen Elizabeth II. wird sie wohl überholen. Schon seit Februar 1952 steht Elizabeth Alexandra Mary Windsor, so ihr vollständiger Name, als Staatsoberhaupt an der Spitze Großbritanniens.

Und die mittlerweile 89 Jahre alte Dame lässt keinerlei Amtsmüdigkeit erkennen. Pflichtbewusst wie eh gewährt sie Audienzen und eröffnet Bauwerke - oder das neu gewählte Parlament, wie vor wenigen Wochen erst. Und sie absolviert Staatsbesuche. Nun kommt sie nach Deutschland. Zum wiederholten Male: 1965 war sie das erste Mal da.

Fast also schon eine ewig währende Herrschaft. Und dass ihre Untertanen einmal dagegen aufbegehren könnten, dass sie gar die nun doch etwas in die Jahre gekommene Monarchie durch die Republik ersetzen wollten, ist eine geradezu groteske Vorstellung. Heute jedenfalls.

Kritik am abgehobenen Königshaus

In Umfragen spricht sich die große Mehrheit der Briten für die parlamentarische Monarchie aus; die Windsors sind beliebt, woran Elizabeths Enkel Prinz William viel Anteil hat. Seine Hochzeit mit der Bürgerlichen Kate Middleton und die Geburt von Thronfolger Prinz George und Prinzessin Charlotte entzückten die Briten und bescherten dem Königshaus freundliche Schlagzeilen. Auch das 60. Thronjubiläum Elizabeths vor drei Jahren schürte die royale Begeisterung.

Das Familienunternehmen der Windsors hat gerade einen guten Lauf - doch die Zeiten waren schon mal anders. In den Achtzigerjahren kam Kritik am abgehobenen Königshaus in Mode. In den Neunzigern beschäftigte die Sippe die Hofberichterstatter mit Skandalen, und Kommentatoren prophezeiten den Anfang vom Ende der Monarchie. Dass es so nicht kam, liegt vor allem am Familienoberhaupt, liegt am Beharrungsvermögen der Queen, ihrer Disziplin und ihrer Bereitschaft, wenn nötig auch einmal nachzugeben.

Die Monarchin selbst bezeichnet 1992, das Jahr ihres 40. Thronjubiläums, als "annus horribilis", als schreckliches Jahr. Ihr Sohn Prinz Andrew trennt sich damals unter rühriger Anteilnahme der Boulevardmedien von seiner Frau Sarah, auch Prinzessin Anne lässt sich scheiden.

Zeitungen veröffentlichen Mitschnitte intimer Telefongespräche von Charles, eine Biografie über seine Gemahlin Diana erscheint, und später gibt das einstige Traumpaar seine Trennung bekannt. Dann brennt es auch noch in Windsor Castle - und die Vorstellung, dass der Wohnsitz der verzogenen Skandalsippe nun mit Steuergeld repariert werden soll, erzürnt die Öffentlichkeit.

Zwölf Premiers hat die Queen erlebt

Doch Elizabeth die Zweite, von Gottes Gnaden Königin des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland und ihrer anderen Königreiche und Territorien, Oberhaupt des Commonwealth, Verteidigerin des Glaubens - so ihr offizieller Titel -, beweist das richtige Gespür und versucht, die gefährliche Debatte über die Privilegien ihrer Familie zu entschärfen. Sie öffnet den Buckingham Palace in London für Touristen und verwendet die Einnahmen für die Renovierung von Windsor. Zudem verzichtet sie auf ihr Vorrecht, keine Einkommensteuer zahlen zu müssen.

Veränderungen sind also möglich, aber die Beliebtheit des Königshauses hängt eher mit dem Gegenteil zusammen: Die Queen steht für Beständigkeit in einer unsteten und komplizierten Welt. Im Fernsehen schauen die Briten ihr dabei zu, wie sie mit ernstem, manchmal fast mürrischem Gesicht Fabriken, Brücken oder Sozialzentren eröffnet, lauschen ihrer unverbindlich-besinnlichen Weihnachtsansprache. Die Queen gehört zum Leben auf der Insel dazu. Für viele Briten war sie einfach schon immer da. Das hat etwas Beruhigendes.

Sie tritt bescheiden auf und pflichtbewusst, sie scheint über den Dingen zu stehen. Zeremonien wie die Parlamentseröffnung erinnern die Briten an die lange und ruhmreiche Geschichte des Landes, an die einstige Größe des Empire. Tatsächlich ist die Queen nicht nur Staatsoberhaupt von Großbritannien, sondern auch von 15 weiteren Ländern wie Kanada oder Jamaika.

Seltene Mahnung an die Schotten

Ihre Rolle ist die einer bloßen Repräsentantin, eines Symbols für die Einigkeit des Landes. Einfluss auf die Politik sollen britische Monarchen nicht nehmen. Allerdings trifft die Königin jede Woche den Premierminister und spricht mit ihm über die Lage der Nation. Zwölf Premiers hat sie schon erlebt.

Mit Margaret Thatcher soll sie nicht gut ausgekommen sein, deren Nachfolger John Mayor lobte hingegen ihre Ratschläge. Und die ihr verordnete Neutralität hielt die Queen im vergangenen Sommer auch nicht davon ab, die Wähler kurz vor dem Referendum über Schottlands Unabhängigkeit zu mahnen. Diese sollten "sehr sorgfältig" über die Zukunft des - vereinigten - Königreichs nachdenken, sagte sie da.

Bereits 2016 könnte das nächste wichtige Referendum anstehen: die Volksabstimmung über einen Austritt aus der EU. Vielleicht herrscht Elizabeth II. danach über ein Königreich, das nicht mehr Teil der Europäischen Union ist. Sie würde wohl auch eine solche Entscheidung stoisch hinnehmen. Nach außen zumindest.

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