Putschversuch in der Türkei:Was wir über den Putschversuch wissen

Nach einer der dramatischsten Nächte in der Geschichte der Türkei scheint die Regierung die Kontrolle über das Land wiedererlangt zu haben. Alle Fakten zum Putschversuch gegen Erdoğan.

Von Hakan Tanriverdi

Was wir wissen:

  • Ein Teil des türkischen Militärs hat in der Nacht zum Samstag den Versuch unternommen, einen Putsch gegen die Regierung durchzuführen.
  • In einem Statement, das die Putschisten anscheinend mit Waffengewalt über den Staatssender TRT verlesen lassen, begründen sie ihre Tat damit, "Verfassung, Demokratie, Menschenrechte und Freiheit" wiederherstellen zu wollen.
  • Kurz darauf verhängt das Militär Kriegsrecht und Ausgangssperren.
  • Brücken werden gesperrt, der Staatssender TRT für mehrere Stunden abgeschaltet.
  • Laut Angaben von Ministerpräsident Binali Yıldırım sind bei dem Putschversuch 2839 Angehörige der Streitkräfte festgenommen worden. Darunter seien einfache Soldaten und ranghohe Militärs.
  • Yıldırım sagt, der Putschversuch sei gecheitert, die Lage sei fast vollständig unter Kontrolle.
  • Kurz darauf meldet sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu Wort. In einer bizarren Situation ist er auf dem Smartphone via Facetime einer Journalistin zugeschaltet. Hier ein Video des bizarren TV-Interviews. Seine Botschaft lautet: Das Volk solle auf die Straßen gehen, in Richtung von öffentlichen Plätzen.
  • Die Kämpfe konzentrieren sich vor allem auf zwei Städte: Ankara, die Hauptstadt, und Istanbul, die größte Stadt in der Türkei.
  • Auf mehreren Videos ist zu sehen und zu hören, wie es zu Schüssen kommt. Dutzende Aufnahmen zeigen Helikopter, die in die Menge feuern. Panzer rammen Autos.
  • Militärhubschrauber bombardieren das türkische Parlament, Abgeordnete werden verletzt. Bilder zeigen die in Teilen völlig zerstörte Nationalversammlung.
  • Nach mehreren Stunden sendet TRT wieder. Auch die Redaktionen von CNN Türk und Kanal D, die kurzzeitig von Mitgliedern der Armee übernommen worden waren, sind wieder auf Sendung.
  • Generalstabschef Hulusi Akar wurde laut Medienberichten von den Putschisten als Geisel genommen. Später meldete CNN-Türk, Akar sei von Sicherheitskräften befreit und an einen sicheren Ort gebracht worden.
  • Unter allen Parteien herrscht Einigkeit: Sie verurteilen den Putsch.
  • Erdoğan beschuldigt den religiösen Prediger Fethullah Gülen, hinter dem Anschlag zu stecken. Beide verband eine jahrelange, tiefe Freundschaft. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Gülen selbst hat die Vorwürfe von Erdoğan bestritten.
  • Erdoğan ist zurück nach Istanbul gereist. In einer Presseerklärung kündigt er an, dass die Putschisten einen "sehr hohen Preis bezahlen" werden.
  • Bei dem Putschversuch sind nach Angaben des Militärs 265 Menschen ums Leben gekommen. Darunter seien 104 Putschisten, 161 seien Zivilisten, Polizisten oder Soldaten, die nicht auf Seiten der Putschisten standen, sagte der kommissarisch zum Militärchef ernannte General Ümit Dündar. Mindestens 1400 Menschen wurden verletzt.
  • Die Situation ist weiterhin unübersichtlich, Motivationen und Hintergründe ungeklärt.
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